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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1966-01/0049
bei uns kaum mehr in Erscheinung. Aus dem einzigen Beleg „füßboumly" (1507)
neben den sonst durchgehend üblichen Schreibungen „Füchsboumli" oder „Fuchs-
bäumli" dürfen wir nur den negativen Schluß ziehen, daß diese Sprachbewegung
bei uns kaum oder nur ganz schwach wirksam war. Genauso verhält es sich auch
mit der r-Metathese (r-Umstellung). Schon in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts
treten im südlichen Elsaß für „Brunnen" Burn/Born-Belege auf. In Basler Urkunden
wird diese Sprachbewegung erstmals 1278 sichtbar („zu Dagelines bur-
nen"). (4) In unserem Flurnamenmaterial finden sich jedoch keine Burn/Born-
Formen mehr, wogegen die r-Metathese aber in anderen Wörtern wie etwa in
Gierwel statt Griewel sporadisch auftritt. Daraus können wir schließen, daß im
Raum von Basel diese Bewegung ihre südlichste Spitze erreicht hatte.

Diese Beispiele mögen genügen, um den Wert der Flurnamenforschung für die
Lautgeschichte einer Mundart aufzuzeigen.

Auch für die Erhellung der Wortgeschichte sind Flurnamen oft von großer
Bedeutung. Schon im Jahre 1887 machte Bruno Stehle darauf aufmerksam, daß
im Oberelsaß die fränkische Form „die Bach" vorkommt. (5) Im Kreis Altkirch
tritt diese Erscheinung schon im 14. und 15. Jahrhundert auf. (Baischweiler: „die
Hanebach", Gildweiler: „an der Sulzbach"). Bei unseren sehr vielen Bach-Belegen
kommt die weibliche Form nur einmal 1434 vor, was natürlich nur beweist, daß
das südliche Elsaß letzte Station dieser Nord-Süd-Bewegung war. Von dort
scheint dieser Geschlechtswandel dann auch auf rechtsrheinisches Gebiet übergesprungen
zu sein, denn in Efringer und Wintersweiler Güterverzeichnissen fand
ich weibliche Formen schon aus dem 15. Jahrhundert. Auch in Müllheim und
andern Orten südlich von Freiburg ist die weibliche Form belegt, doch von Freiburg
bis zur Ortenau klafft eine Lücke, was beweist, daß diese Sprachbewegung
linksrheinisch vordrang und dann vom südlichen Elsaß aus auf das rechtsrheinische
Gebiet übergegriffen hat. In unserem Material läßt sich auch sehr schön der Wandel
von Holz zu Wald verfolgen. Seit dem 18. Jahrhundert wird das Grundwort
Holz in zahlreichen Flurnamen durch Wald ersetzt und blieb nur in einigen
schon fest gewordenen Namen erhalten (Niederholz, Großholz, Lindhölzle). Ebenfalls
im 18. Jahrhundert wurde in den Flurnamen „nieder" durch „unter" verdrängt
und hielt sich nur noch in einigen wenigen Bezeichnungen. Im gleichen
Jahrhundert ersetzte „Hübel" auch das alte „Bühel". „Gasse", das ursprünglich
jede Straße innerhalb eines Ortes bezeichnete, wurde im 19. Jahrhundert durch
„Straße" abgelöst und blieb nur noch in einigen Namen erhalten. (Hintergasse,
Hohle Gasse, Schloßgasse und Steingasse.) Seit dem 16. Jahrhundert wird in unseren
Flurnamen das alte Wort „Pfaffe", das ursprünglich keine pejorative Bedeutung
hatte, durch „Pfarrer" ersetzt (Ausnahme: „Pfaffenviertel"). Im 18. und
19. Jahrhundert trat an die Stelle von „Runs" = Bewässerungsgraben die Bezeichnung
„Bach". Die tautologische Form „Runsbach" (1812) zeigt hierbei sehr
schön die Unsicherheit auf.

Diese wenigen Beispiele werden zur Genüge beweisen, daß wir mit Hilfe der
Flurnamen wichtige Aufschlüsse über die Wortgeschichte einer Mundart gewinnen
können.

Flurnamen und altes Sprachgut

Sehr oft lebt in Flurbezeichnungen noch altes Sprachgut weiter, das im
appellativischen Gebrauch schon längst ausgestorben ist. So steckt z.B. im Wyhlener
Flurnamen „Bahnhalde" noch das mittelhochdeutsche ban = Gebot, Verbot, und
aus den frühen Belegen von „Brunnenstüdle" können wir das alte Wort bräme =
Brombeerstrauch wiedergewinnen. Der Flurname „Dick" erinnert uns daran, daß

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