http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1966-01/0052
für Bettingen, Muttenz und Läufelfingen (Kt. Baselland) konnten mit Hilfe von
Flurnamen solche Wolfsgalgen nachgewiesen werden. (10) Der Wyhlener Wolfsgalgen
nimmt nun insofern eine Sonderstellung ein, als es sich bei ihm um den
bisher am frühesten belegten deutschen Wolfsgalgen handelt. Übrigens fand ja in
unserer linksrheinischen Nachbarschaft auch der älteste überlieferte Werwolfprozeß
statt. 1423 wurde im Gebiet des Unteren Hauensteins eine Frau als „Unholdin"
verbrannt, weil sie auf einem Wolfe reitend gesehen worden sein soll. (11)
In Grenzach weist der Flurname „Maienlust" (1548) auf einen alten, volkskundlich
interessanten Brauch hin. Wenn im Mai die Weide eröffnet wurde, dann
war dieses Ereignis Anlaß zu fröhlichen Festen im Freien. Bei den Weideplätzen
fand dann unter Teilnahme der Bevölkerung „Tanzen, Springen, Fressen, Saufen"
statt. (12) Der bäuerlichen Sitte, früher in einem bestimmten Bereich des Feldes
Pferderennen durchzuführen, verdankt der Wyhlener Flurname „Roßlauf" (1458)
sein Entstehen. Auf die abergläubische Furcht der Bevölkerung vor dem Butzen,
dem klopfenden Kobold und Poltergeist, gehen wohl die Namen „Butzen" (1478)
und „Butzenlöcher" (1503) zurück. Der Wyhlener Flurname „Hexenplatz" hat
seinen Ursprung ebenfalls im Aberglauben des Volkes, denn aufwuchslose Stellen
im Wald wurden dem Tanz der Hexen zugeschrieben. Der „Dengeligeist" in
Grenzach, ein Waldbrünnlein nahe einer großen Waldwiese, weist auf einen
unsichtbaren Spukgeist hin, welcher gegen Abend oder des Nachts auf Bergwiesen
(Feldberg) oder im Haus (Allgäu) sein Dengeln und Hämmern ertönen ließ.
Literarisch bekannt wurde dieser durch Hebel, der aus ihm einen guten Geist
machte.
Flurnamen und Ortsgeschichte
Für die Aufhellung der Ortsgeschichte sind natürlich die Flurnamen von unersetzlichem
Wert. Deshalb kann eine Dorfchronik ohne ihre Heranziehung niemals
vollständig sein. Keine Urkunde weist z.B. darauf hin, daß sich schon im 14. und
15. Jahrhundert in Wyhlen und Grenzach an den Rändern der Gemarkung zwei
Siechen- oder Malatzhäuser befunden haben, in denen die Aussätzigen von der
Bevölkerung getrennt wohnten. Ohne Flurnamen wäre auch nie aufgeklärt worden
, daß das Kreuz zwischen Wyhlen und Grenzach nicht — wie man annahm —
zum Gedenken des von Grenzacher Bauern 1372 erschlagenen Abts Heinrich von
der Himmelspforte errichtet worden ist, sondern zu Ehren der wahrscheinlich auf
dem in der Nähe gelegenen „sant Christianen bette" (1397) verschiedenen heiligen
Christiana. In Erinnerung an diese unter der Kirche St. Chrischona bei Bettingen
begrabene Heilige wurde das Kreuz schon 1538 „sant Christianen chrütz" genannt.
Daneben geben uns Flurnamen über die Ortsgeschichte noch andere wichtige
Aufschlüsse, so z.B. wo sich die früheren Schulgebäude und die öffentlichen Badstuben
befunden haben und welche Wirtschaften früher in dem betreffenden Dorf
betrieben wurden. Auch über die Lage der vielen Kapellen an öffentlichen Straßen
werden wir auf diese Weise genau unterrichtet.
Diese wenigen Beispiele mögen genügen, um den Wert der Flurnamen für die
Ortsgeschichte aufzuzeigen.
Flurnamen und Familiennamen
Die wertvollsten Quellen für die Erforschung der alten Dorfgeschlechter sind
natürlich die Kirchenbücher. Doch diese stammen in den meisten Fällen erst aus
dem 16. oder gar 17. Jahrhundert, so daß die früheren Jahrhunderte im dunkeln
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