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Gemeindekasse. Wenn wir im Augenblick auch nicht nachweisen können, auf
welche Art und Weise diese Waldungen vor vielleicht Jahrhunderten Eigentum der
Gemeinde Blansingen geworden sind, so kann doch das Eigentumsrecht wegen des
langen, ungestörten Besitzstandes um so weniger in Zweifel gezogen worden, als
die betreffenden Waldstücke von jeher als Blansingens Eigentum ausgesteint sind".
Kleinkems meinte dagegen: „Ihr, die Blansinger, habt keine Akten in den Händen
über den Erwerb der Waldungen. Sie stehen als Gemeinschaftsbesitz in den Plänen.
Und wenn wir uns damals bezüglich des Waldes zu einem Vergleich verführen
ließen, so war die Voraussetzung dazu doch die Tatsache des gemeinschaftlichen
Besitzes des Waldes."
Auf einer Tagfahrt im Jahre 1835 wurde über den Wald entschieden. Die angeblich
Blansinger Waldungen waren wertvoller als der — nicht angezweifelte! —
Gemeinschaftsbesitz des Waldes auf den Rheininseln, dessen Bestand durch den
Rhein und die Flußbaubehörde gefährdet war. Entscheidend für den Vergleich
war aber die Tatsache, daß Kleinkems einen kürzeren Weg zu den Rheininseln
hatte als zu den angeblich Blansinger Waldungen und umgekehrt. Blansingen
wurden daher die von ihm beanspruchten Waldungen als unwiderrufliches Eigentum
zugesprochen, während Kleinkems sich mit dem Bestand auf den Rheininseln
zufrieden geben mußte, zu dem es jedoch noch Feld für seine Landwirtschaft
bekam.
Mit diesem Vergleich ist aber unsere Frage noch nicht beantwortet: Wem gehörte
der Wald, den Blansingen jetzt bekam? Eigentümlich ist, daß Blansingen
„noch nicht nachweisen konnte, auf welche Art die Waldungen in seinen Besitz
gekommen sind". Und ebenso Kleinkems: „Ihr Blansinger habt keine Akten über
den Erwerb des Waldes in euren Händen." Ich habe den Eindruck, als ob vor
Jahrhunderten doch ein Faktum in dieser Richtung vor sich gegangen ist. Wußten
die beiden Partner wirklich nichts davon oder — wußten sie es und — schwiegen?
In der Tat fand sich in einem alten Aktenstück aus dem Jahre 1701 die Antwort
auf unsere Frage. Da richtet die Gemeinde Kleinkems folgendes Gesuch an
den Landesfürsten, das ich im genauen Wortlaut hier wiedergebe:
„Durchlauchtigster Fürst und gnädiger Fürst und Herr!
Es wird ohnschwer seyn, Ihro Hochfürstliche Gnaden durch unterthänigstes
Fürstellen zum Andenkhen zu bringen. Wie vor Jngefähr 66. Jahren Dero Landt,
sonderlich die Herrschaft Röttelen in betriebt Schlechten Stand gewesen, had sich
vieles ereignet, dass Unsere Vor Eltern Jhre Trew und gehorsam in Unterthänig-
keit bezeugen können, aller massen dann auch einige der Vor Eltern auss Kleinen
Kerns Sie in etlichen Fällen, mit in gefahrsetzung dess Lebens Jhro schuldige Trew
zu gnädigster Vergnügung damals Höchst Löbl. Regierende Lands Fürsten undt
Herrens Unterthänigst erwisen haben.
Ob nun zwar dergleichen Unserer Vor Eltern und annach unsere Schuldigkeit
gewesen und ist, so haben doch Jhro Hochfürstl. Gnaden Höchst glorwürdigster
gedächtnis, die bezeugt unterthänigste getreue Dienste dahin angesehen, dass Sie
der Bürgerschaft Kleinen Kerns, die frohnenfreyheit gnädigst zugesagt haben,
wie wir dann auch solche Jn Unterthänigster Danksagung genossen; Bis vor
einigen Wochen, die von Blansingen Uns Hierinn zu turbieren gesucht.
Wann aber Durchlauchtigster Fürst gnädiger Herr, wir in Unterthänigkeit
nicht zweifeln, es werden dieselbe, was Jhro Fürstl. Herren Vor Eltern gnädigst
geordnet, Jhnen auch gnädigst Wohlgefallen lassen.
Also gelanget an Jhro Hochfürstliche Gnaden Unser Unterthänigste bitte, dieselbe
geruhe wollen, bey gemelter Frohn Freyheit weiter gnädigst Uns zu lassen
und zu schitzen.
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