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fehlte es an ausreichenden Wegweisern und Markierungen, so daß es neben der
allgemeinen öffentlichen Unsicherheit und der Behinderung durch Wegelagerer
nicht immer ein Vergnügen war, unterwegs zu sein. Die Masse der Bevölkerung
hatte als Bauer oder Handwerker ohnehin weder Zeit noch Geld, ans Reisen zu
denken. So blieben Reise- und Postverkehr hauptsächlich auf die Bedürfnisse des
Adels, der Kirchen und Klöster oder auf kriegerische Ereignisse beschränkt.
Der Umbruch des Weltbildes, der sich seit der Zeit der Erfindungen und Entdeckungen
vollzog, beeinflußte auch die Entwicklung der menschlichen Kommunikationsmittel
, des allgemeinen Interesses an überörtlichen Ereignissen und der
menschlichen Beziehungen von Dorf zu Stadt und über immer weitere Strecken.
Buchdruck, Zeitungswesen, ein reger Briefverkehr und ein immer breiteres Interesse
am Lesen und Schreiben stellten die bisher privaten Postverbindungen nun
vor allgemein-öffentliche Aufgaben. Aber der Straßenzustand war erbärmlich und
blieb es bis über den 30jährigen Krieg hinaus. Erst das 18. Jahrhundert brachte
entscheidende Verbesserungen.
Zwar bestand schon eine ständige postalische Verbindung einzelner Oberämter
in der Markgrafschaft Baden-Durlach seit 1576 als sog. „Ordinaripost", die aber
durch ständige Verordnungen (u.a. von 1611, 1614, 1617) vor den Gefahren der
Wegelagerer geschützt werden mußte. Besonders Markgraf Friedrich Magnus, der
Lörrach 1682 die ersten Stadtrechte verlieh, bemühte sich um eine weitere Verbesserung
der postalischen Verhältnisse. Er schuf neben den bisherigen reitenden
Boten den ersten Fußposten, der zweimal wöchentlich den Postdienst Durlach—
Lörrach versah. Die Teilstrecke Badenweiler—Lörrach wurde mit einem Jahresgehalt
von 92 Gulden und 24 Kreuzer dotiert. Diesem im Volksmund als „Oberländer
Boten" bekannte bescheidene Anfang regelmäßiger Postverbindung war in
jenen Jahrzehnten ständiger Kriegswirren um 1700 und aus Mangel an geldlicher
Unterstützung kein guter Start beschieden. Infolge zu geringer Inanspruchnahme
begnügte man sich daher seit 1689 mit einer einmaligen wöchentlichen Route.
1737 verfügte Markgraf Karl Wilhelm über die Abschaffung des Gabelfuhr-
werks, das die Straßen zu sehr in Mitleidenschaftschaft zog. (Also auch damals
schon Leber-Plan-Probleme!) Nur noch Deichselwagen und kleine einspännige
Karren waren erlaubt. 1747 folgte eine erste Wegeordnung. Ladehöchstgewichte
bis 60 Zentner für achtspännige Fahrzeuge wurden festgelegt und Brückenerweiterungen
beschlossen. Dennoch bemerkte ein Bericht von 1795 über die Straße
Frankfurt—Basel, daß 40 Güterwagen bei Emmendingen in den aufgeweichten
Wegen versunken waren und der Knecht des Posthalters von Friesenheim sogar im
Straßenkot erstickte, während die Pferde noch eben gerettet werden konnten.
Gleichzeitig wurde aber der Zustand der Strecken durch die Markgrafschaft
rühmend hervorgehoben. Viel mehr wurde daher in jener Zeit die linksrheinische
Route bevorzugt, die nicht nur bessere Wegverhältnisse aufwies, sondern nur die
Hälfte an Weg- und Brückengeldern verlangte. Außerdem vermieden die seit dem
15. und 16. Jahrhundert eingerichteten habsburgischen Post- und Handelslinien
aus politischen Gründen den Weg durch die eidgenössisch-republikanische Schweiz
und benutzten die Strecke über Innsbruck und den Brenner nach Italien statt die
näher gelegene über Basel und den Gotthard. So lag die Markgrafschaft am Rande
des vom 15. bis 18. Jahrhundert größten Post- und Reiseunternehmens Thum und
Taxis. Von einem bedeutenden Durchgangsverkehr kann daher im Markgräfler-
land bis ins 18. Jahrhundert nicht gesprochen werden.
Zweck der jetzt einsetzenden vermehrten postalischen Einrichtungen war
hauptsächlich lokaler Natur im Interesse der Markgrafschaft. Somit erhalten wir
auch konkretere Angaben und nennenswerte Ereignisse auf dem Gebiet des Post-
und Reisewesens erst mit dem 17. und 18. Jahrhundert. Die Einbeziehung der
seit Karl V. bestehenden Taxis'schen Reichspost in die markgräflichen Postdienste
kam 1745 auffallend spät. Daran waren nicht nur die Umgehung der Schweiz,
sondern auch langwierige Streitigkeiten wegen gegenseitiger Abgaben von Brief-
und Wegegeldern und auch ein gewisser Konkurrenzneid einiger Posthalter schuld.
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