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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
32.1970, Heft 1.1970
Seite: 46
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meist auch als zwecklos empfunden wird. Man braucht nur daran zu denken, wie
viele vor allem der kleinen Bahnhöfe traulicher Landstädtchen und Dörfer mit
Schildern und Affichen bepflastert sind, wobei zugegeben sein mag, daß in der
Schweiz ihre Anbringung noch einen spürbaren Rest von Beflissenheit erkennen
läßt, das Gesamtbild einer ländlichen Haltestelle nicht restlos zu verunstalten. In
den Großstädten, die an sich allmählich ganz zu Tummelplätzen der Reklame-
Marktschreierei geworden sind — so wird z. B. Mainz auf seinem Hauptbahnhof
als „Heimat" einer Zahnpasta gefeiert — läßt man es sich natürlich auch auf den
Bahnhöfen angelegen sein, darzutun, daß Schilder und Anschläge die Stunde regieren
. Im Denkapparat freilich eines schlichten Erdenkindes, das von allen Seiten
von Licht- und Nichtlicht-Reklame bestürmt wird, regt sich bisweilen der Gedanke,
daß der Löwenanteil am Gewinn aus dem Reklamezauber sehr wahrscheinlich vorwiegend
den Firmen zufließt, welche die Reklameap parat ur liefern. Auch die
Reklame ist vielfach sozusagen „Selbstzweck" geworden. Reklamemachende Unternehmer
lassen sich häufig genug die Durchführung einer Außenreklame mehr
aufschwätzen, als tatsächlich überzeugt zu sein davon, daß sie wirklich zweckbedingt
ist. Dabei spielt auch der Umstand eine Rolle, daß die Reklame-Ausgaben
als Geschäftsunkosten verbucht werden können — gar nicht selten hört man denn
auch, bei uns in Deutschland, einmal: „Lieber, als daß ich dem Finanzamt noch
mehr Steuer bezahle, mache ich Reklame . .."

Der neueste Coup der deutschen Bundesbahnreklame ist die in aller Stille bereits
in Gang gebrachte Bepflasterung der Außenseite der Bahnbusse mit Reklame. Diese
Verunstaltung von motorisierten Straßenfahrzeugen blieb der Eisenbahn vorbehalten
, deren Firmenbezeichnung sich des Namens der deutschen Republik bedient.
Um dieses Vorgehen so zu begreifen, wie es verstanden werden muß, ist es nötig,
sich zu vergegenwärtigen, daß es bei uns in Deutschland und wohl auch in anderen
Ländern von privaten Unternehmern keine Busse gibt, deren Wagen an ihren
Außenflächen Reklame zeigen. Man hat das bisher als besonders sympathisch empfunden
. Meist sind die Privatbusse auch spürbar gut geformt und in den Farben
ihres Anstrichs geschmackvoll gehalten. Bekundet sich darin nicht auch die Achtung
gegenüber den Fahrgästen, denen man nicht zumuten möchte, ungefragt irgendwie
sich einbezogen zu fühlen in eine Reklame, die sie — als echte Naturfreunde und
Landschaftsbeschützer, was eben doch jeder Mensch sein sollte, der als Kulturträger
gelten möchte! — ablehnen?

Versteht sich, daß die Bus-Reklame der Deutschen Bundesbahn in erster Linie
für Branntwein und ähnliche Erzeugnisse wirbt, denen gegenüber die Regierung
eine durchaus verständlich, sagen wir, nicht eben befürwortende Stellung einnimmt
. Wieder einmal darf die eine Hand nicht wissen, was die andere tut. Fühlt
man sich da nicht an das „non olet" des morsch gewordenen Roms erinnert? . . .

Und wie reimt sich der reklameverunstaltete Bahnbus auf die blitzsauberen,
transkontinentalen, eleganten Züge der Bundesbahn? Draußen will man glänzen
— daheim in den Landschaften, die, vor allem am Oberrhein, reklamefrei gemacht
wurden oder geblieben sind, schert man sich den Kuckuck um den Landschaftsschutz
— in den Verordnungen über diesen steht ja nichts davon, daß die Landschaft
nicht mit (gewissermaßen staatlichen) Fahrzeugen, die zu Reklame mißbraucht
werden, befahren werden darf!

Wird man übrigens nicht damit rechnen müssen, daß früher oder später auch
die Postbusse nicht davon abstehen werden, den Bahnbussen es gleich zu tun. Die
gelben, selbst großen Postmotorwagen haben noch einen Rest des Anheimelnden
bewahrt. Sie erinnern an die „selige Zeit", in der der gelbe Postwagen — den
hornblasenden Schwager auf dem Bock — durch die Lande fuhr. Muß man sich
wirklich damit abfinden, daß es Leute gibt — ihre Zahl nimmt stetig zu — für
die Städtchen und Dörfer, Landstraße und teilweise auch stille Pfade — was für
ein Glück, daß ihnen die Autobahnen entzogen sind und hoffentlich bleiben! —
nur willkommene Gelegenheiten sind, ihre Reklame los zu werden?

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