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Waren die Kinder ins Bett gebracht, beteten sie:
In Gotts Name ins Bett gange. Das walt Gott, bhiiet üs Gott,
Gott, der Vater, Gott, der Sohn, Gott, der heilige Geist. Amen!
Ich bin klein, mein Herz mach rein,
soll niemand drin wohnen, als Jesus allein. Amen!
An Weihnachten kam das weißgekleidete „Wiehnächtschindli" gewöhnlich in Begleitung
des „Pelznikels" oder „Pelzmartis" (Nikolaus im Pelz oder Martin im Pelz),
in die Häuser zu den Kindern, die ihre Sprüchlein sagten:
Wiehnächtschindli, Wiehnächtschindeli, chumm doch zue uns dohi
mer hän e früsch Heubündeli un au e Gläsli Wii.
Ne Bündeli für s Eseli, für s Chindeli e Gläseli,
un bete chönne mer au! —
Oder:
Wiehnächtschindli, chumm ins Hus, leer dii goldig Säckli us,
stell dii Eseli an der Mischt, aß es Heu un Haber frißt.
Heu un Haber frißt es nit, Zuckerbrödli gemmer ehm nit!
Und doch legten sie dem Christkind eine Tüte voll Zuckerbrot heimlich vor die
Haustüre. Aber die Buben versteckten sich unter oder hinter dem Ofen und riefen
dem Pelznickel zu:
Niki, Niki, Näki, hinter em Ofe steck i,
gimmer Schnitz un Bire, no chumm i wider vüre! —
Denn früher waren getrocknete Zwetschgen, Äpfel- und Birnenschnitze Leckerbissen
für die Kinder und wurden beim Ausüben vieler Bräuche geheischen oder verschenkt.
Zum neuen Jahr wünschten die Kinder ihren Verwandten und Nachbarn:
I wünsch üch Glück zuem neue Johr, e Bretschele wie ne Schüüretor,
ne Wecke wie ne Lachefaß un Wii derzue en ordli Maß!
Dafür bekamen sie einen kleinen Wecken oder fünf bis zehn Pfennige geschenkt.
Doch die Paten brachten ihren Patenkindern eine große Neujahrsbrezel, in der ein
blanker Fünfziger oder gar eine Mark steckte, anstatt eines Weihnachtsgeschenks.
Auch die Kleinsten hatten ihren Glückwunsch:
I bi ne chlei Bummerli churz un dick,
i stand in e Eckli un wünsch der viel Glück!
Weihnachtsliedchen lernten wir zu Hause und in der Kinderschule. Da fallen mir
Verschen ein, die wir unter dem Christbaum in der Kirche sagen durften:
Wie chlopft mer doch mii Herzli, wie lustig chlopfts au hüt,
aß i noh darf erlebe die schöni Wiehnächtszit.
Scho lang ha n i druf gwartet, ha gmeint, si well nit cho,
un endli, zmitts im Winter, isch si uf eimol do!
Die Drittkläßler neckten die vor ihnen mit:
Erstkläßlerli sin Hoseschißer, Zweitkläßlerli sin Häfelischißer!
Die Erstkläßler aber machten sich Mut mit dem Spruch:
Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben,
in der Schule wird geschrieben, in der Schule wird gelacht,
bis der Lehrer pitsch-patsch macht.
Aber, Lehrer, das tut weh, morgen komm ich nicht mehr her,
übermorgen noch einmal, aber mit der Großmama.
Großmama isch nit so dumm un haut im Lehrer d Nase chrumm!
Diejenigen, die gerade aus der Schule gekommen waren, spotteten:
D Erstkläßler sin Engeli, d Zweitkläßler sin Bengeli,
d Drittkläßler sin Babbeschlecker, d Viertkläßler sin Tinteschlecker,
d Fünftkläßler sin öpfelfresser, d Sechstkläßler sin Birefresser,
d Sibtkläßler A-B-C oh weh, d Achtkläßler chönne gar nüt meh! (Babbe = Brei)
Auch die kleineren Schulkinder machten gerne mit, wenn der Vater eines über sein
Knie legte, ihm auf den Rücken klopfte, einige Finger dabei aufhob und sagte:
Rumpedi, pumpedi, Holderstock, wieviel Hörner het der Bock,
wieviel Finger streckt er uf? —
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