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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
32.1970, Heft 2/3.1970
Seite: 97
(PDF, 15 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1970-02-03/0025
Vogteien das Recht verliehen, Tavernen, also eine gemeindeeigene Wirtsstube zu
halten oder einem geeigneten Bürger mit einer passenden „Stube" zu verpachten,
welcher „per vota majora" von der Gemeinde erwählt wurde. So gab es 1741 an
folgenden Orten noch keine Schildwirte und nur Stubenwirte im Wechsel auf
Zeitpacht: in Feuerbach, Fischingen, Hasel, Hertingen, Hüsingen, Kleinkems,
Mappach, Obereggenen, Otlingen, Raitbach, Riedlingen, Rümmingen, Schallbach,
Tüllingen, Tumringen, Welmlingen, Wiechs, Wintersweiler, Wittlingen. Doch in
der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts war allerorts mindestens ein Schild aufgehängt,
und damit hatte ein Haus das Real recht für immer erworben. Daneben behielt
und nutzte nach Möglichkeit die Gemeinde ihr angestammtes Recht auf die Stube,
besonders wenn sie, wie in Haltingen, ein gemeindeeigenes Haus besaß. Aber nun
fanden sie nur noch selten bereitwillige Pächter und verliehen darum das Stubenrecht
an begünstigte Schildwirte oder zwangen sogar Bürger mit guten Stuben
zur Übernahme.

Bezeichnend für die unsicheren Rechtsverhältnisse der Stubenwirte gegenüber
den Gemeinden ist der Rechtsstreit des Weiler Wirts Hans Jacob Raupp,
welcher im Jahre 1691 ohne Wissen des Vogts und der Gemeinde beim Oberamt
um das alleinige Wirtsrecht nachgesucht und gegen 50 fl Conzessions-Taxe auch
erhalten hatte. Die Gemeinde beschwerte sich beim Amt mit dem Hinweis, daß sie
dadurch die bisher eingenommene Pacht von 30—50 Pfd. für ihr gemeindeeigenes
Haus z. Tl. einbüßen müsse. Die Beschwerde kostete den Vogt und 2 Befürwortern
8 fl Strafe. Jahrzehnte später — 1734 — versuchte die Gemeinde auf andere
Weise, ihre ursprünglichen Vorrechte wieder durchzusetzen. Nachdem ihre Gemeindestube
in einen „ziemlich ruinösen Stand" gefallen sei, wünschte sie vom
Markgrafen das auf dem Haus ruhende „Speciale Privilegium", daß künftig alle
„publique und Gemeindsgeschäfte, wie Ganthen, Copulierungen, Inventuren, Gemeindsrechnungen
, Weinkäufe &, item das Gericht und die Hochzeiten" allein in
der Gemeindewirtschaft vorgenommen und abgehalten werden sollten. (GLA 229/
110908-910).

Mit dem Wachsen der Bevölkerung und einem gemessenen Wohlstand in der
langen Friedensepoche des Markgrafen Karl Friedrich, mit dem Gewerbe, Handel
und Verkehr mehrten sich auch die Gaststätten. Bäcker, Metzger, Weinhändler,
Küfer, Müller und Vögte bewarben sich mit Gunst der Gemeinde beim Oberamt
um das Schildrecht. Den Vögten wurde jedoch bald das Recht in Personalunion
versagt, um Begünstigung auszuschließen, sie übergaben es dann gewöhnlich einem
Verwandten. Den Wechsel auf ein anderes besseres Haus in günstigerer Ortslage
oder gar das Einziehen eines bewilligten Schildes wurde vom Oberamt nur ungern
anerkannt; der Landvogt von Leutrum vermerkt ärgerlich: „Ich habe vor etwas
Unanständiges erachtet, daß ein Wirt seinen Schild hinaushang, morgen aber
wieder abthue, oder gar seinem Nachbar an sein Haus hangen lasse, worauf die
Anordnung erfolgt, daß wer sein Tafern Jus nicht exerzieren wolle, zur Erhaltung
desselben die Taxe, so ihm pro concessione angesetzt worden sei, jährlich mit
5 °/o verpensionieren müsse oder der Gerechtigkeit verlustig gehe. Keinesfalls ist
ein Unterthan befugt, mit seinem Schild zu handeln oder anderen Häusern anhängen
zu lassen." ') Ordnung und Pünktlichkeit forderte die herrschaftliche
Kasse. Der einmaligen Konzessionstaxe — je nach Ortslage 40-80 fl — folgten
alljährlich das Weinumgeld und der Maßpfennig, „hierzulande ein ziemlich einträgliches
Gefäll". Entweder vereinbarte das Oberamt mit dem Wirt alljährlich
einen festen Akkord oder verrechnete den Umsatz nach dem „Siegel", wobei
die amtlich bestellten Weinsiegier den zum Ausschank bereitgestellten Wein im
Faß maßen und versiegelten, um danach das Umgeld zu berechnen und nach dem
Ausschank den Maßpfennig zu erheben. Dieser Maß-Nahme unterlagen auch die
Bauern, welche ihre Weine unter dem Strauß anbieten wollten, ebenso die Hochzeitseltern
, welche zu Hause und nicht in der Wirtschaft zur Feier einluden. Unter
dem Siegel wurden für 1 Saum bereitgestellten Wein 4 ß Umgeld im voraus und
nach dem Ausschank 13 ß 4 Pfg. Maßgeld verrechnet, insgesamt 17 ß 4 Pfg.

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