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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
32.1970, Heft 2/3.1970
Seite: 120
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1970-02-03/0048
Er läßt sogleich Alles liegen und stehen, und eilt hinaus um die Fremden zu
empfangen. Es steigt ein elegant gekleideter Herr aus dem Wagen und erkundigt
sich sogleich bei dem Adlerwirth, ob er nicht auf einige Tage bei ihm logiren
könne? „Warum denn das nicht, entgegnete der Wirth, so lange Sie wollen, und
an guter Bedienung soll es nicht fehlen". Der Adlerwirt freute sich schon auf die
Zeche, denn der Herr ist sicher ein reicher Kaufmann oder so etwas, und dergleichen
Gäste sind bei ihm selten.

Der Fremde läßt sich sogleich ein Zimmer anweisen, wo er sich umkleidet, und
verlangt, daß ihm ein Mittagessen zubereitet werden soll. Nach der Mahlzeit
sagte er zum Adlerwirth, daß er in der nahegelegenen Stadt Geschäfte abzuthun
habe und jetzt dahin gehen werde, sodann Abends wieder zurückkehre. „Ich will
Ihnen indessen das, was ich verzehrt habe, bezahlen", fährt er fort, „damit kein
Mißtrauen entsteht". Bei diesen Worten zieht er seine Börse heraus und schüttet
das Geld auf den Tisch, fast lauter Napoleonsd'or und Dukaten, die dem Adlerwirth
gewaltig in die Augen stachen. Aus Höflichkeit will der Adlerwirth jetzt
kein Geld nehmen: „Glauben Sie, daß ich Ihnen nicht so viel Zutrauen schenke?
das wäre schön! entgegnete er, lassen Sie die Zeche nur gut seyn, bis Sie abreisen".
Der Fremde tut es nicht anders, er will jedesmal bezahlen und so nimmt der
Adlerwirth das Geld; und als die Pferde angespannt sind, fährt der Fremde nach
der Stadt. Abends kehrt er richtig wieder zurück und speißt zu Nacht. Während
dem Essen läßt er sich mit dem Adlerwirth in ein Gespräch ein, und der Letztere
vernimmt von dem Fremden, daß er für ein großes Handlungshaus Geschäfte
mache, er werde sich wohl einige Tage aufhalten müssen, und da er das Landleben
, besonders im Sommer, dem Aufenthalte in der Stadt vorziehe, so habe er
deßhalb auch vorgezogen bei dem Herrn Adlerwirth zu logieren. „Das freut mich",
entgegnete der Wirth, „daß Sie mir die Ehre erzeigt haben."

Am anderen Tag fährt der Fremde wieder nach der Stadt, um Geschäfte zu
machen.

Am dritten Tage, während der fremde Kaufmann am Tische sitzt und zu
Mittag speißt, tritt ein Mann in die Stube mit einem Stelzfuß und ärmlichem Anzüge
. Er setzt sich an einen Seitentisch und verlangt in gebrochenem deutsch, etwas
zu essen. „Aber habt Ihr auch Geld?" frägt der Adlerwirth. Der Stelzfuß erwidert,
daß er wohl noch soviel habe, um das Mittagessen zu bezahlen, aber mehr
besitze er freilich nicht. Er erzählte sofort, wie er gerade aus Spanien komme,
wo er unter den Truppen der Königin gedient und den Abschied erhalten habe,
er seye ein Pole und wolle nun wieder in sein Vaterland zurückkehren, da er
sonst nirgends ein Unterkommen finde. Entblößt von Geldmitteln zur Fortsetzung
seiner Reise, seye er jetzt genöthigt, das Teuerste, was er besitze, zu verkaufen
. Bei diesen Worten zieht er ein kleines Päckchen aus der Tasche und
öffnet es. Sieh da, was solches enthält! ein goldenes Kreuz mit funkelnden
Diamanten besetzt, das unter Brüdern 50 Louisd'ors wert ist. „Diese Kostbarkeit",
fährt der Pole fort, „habe ich zum Andenken von einem Prior in Spanien erhalten,
dessen Kloster ich vor Plünderung schützen half. Ich bin nun genöthigt, dieses
Kleinod zu verkaufen, weil ich kein Geld zu meinem Unterhalt und zur Fortsetzung
meiner Reise habe. — Freilich", fährt der Stelzfuß fort, „werde ich das
Kreuz hier nicht verkaufen können, da Niemand den Werth kennt. Es bleibt mir
wahrscheinlich nichts anderes übrig, als dasselbe an einen Goldarbeiter in der
Stadt zu veräußern".

Während diesem Gespräch steht der fremde Kaufmann vom Tische auf und
kömmt herbei, um zu sehen, was der Stelzfuß mit dem Adlerwirth verhandelt.
Er betrachtet das Kreuz mit Aufmerksamkeit und scheint erstaunt zu seyn, daß
der Pole ein solches Kleinod besitzt; er macht dem Adlerwirth ein Zeichen, daß
er ihm etwas allein zu sagen habe und ihm folgen solle. Sie gehen nun miteinander
zur Thüre hinaus in den Hausgang, dort sagte der Fremde dem Adlerwirth
im Vertrauen, daß das Kreuz mindestens 500 fl werth seye, und wenn
der Pole solches in die Stadt bringe, löse er auch noch mehr daraus. Er glaube aber

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