Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
32.1970, Heft 2/3.1970
Seite: 122
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für den Hausfreund zutrug, bemerkt a.a.O. hierzu: „Auf der Heimreise (von
Erlangen), ich glaube, es war sogar bei dem Eintritt in's Philisterleben, wurde er
(Hebel) in Seegringen, damals Anspachischer Grenzort, für einen Israeliten angesehen
, und ihm Passierschein, Leibzoll oder etwas Ähnliches abgefordert. Daher
spielt so manche ergötzliche Szene des Hausfreundes in Seegringen." Übrigens
existieren Ortschaft und der „Adler" heute noch: in einem seiner letzten Briefe
an den Verfasser dieser Betrachtung schreibt der unlängst verstorbene Eberhard
Meckel aus Freiburg, bekanntlich der profundesten Hebelkenner und -forscher
einer, dem wir ja auch vorbildliche Werkausgaben verdanken: „Ich war mehrmals
da, schrieb auch darüber. Das Wirtshaus existiert noch; man trinkt dort ein fürtreffliches
Bier."

Segringen und sein Adlerwirt stehen also sozusagen auf etwas schwachen
Füßen, was ihren Echtheitsbeweis für unser ,Diamantenes Kreuz' angeht. Eberhard
Meckel schrieb noch: „Die Geschichte kann nie und nimmer von Hebel sein,
dazu ist sie zu unhebelisch erzählt." Darüber ließe sich indessen diskutieren, vom
Stil her wie von der Moral. Was diese betrifft, sei verwiesen auf den Hinweis,
den Hebel seinerzeit selber im Jahre 1807 in seinem „unabgeforderten Gutachten
über eine vorteilhaftere Einrichtung des Kalenders" gegeben hatte, wobei er sich
auch für eine „Zutat von mancherlei zur Befriedigung verschiedenen Humors als
je einen lustigen Schwank, wieder eine grausame Hinrichtung oder Moritat (!)...
etwas Sinniges . . . etwas Abenteuerliches, etwas Seltsames oder Rätselhaftes" planmäßig
einsetzt. Wahrlich kein Mangel an Freizügigkeit, ohne einen Hauch von
Schulmeistern, vielmehr fast eine Konzession an den sogenannten Publikumsgeschmack
! — Gegen eine Urheberschaft Hebels dürfte auch mit dem Hinweis
argumentiert werden, daß der Dichter, von ganz geringen Ausnahmen abgesehen,
den Namen von Gasthäusern nicht nennt, während hier in unserem Falle immer
wieder der Adlerwirt zitiert wird. —

Sei dem, wie ihm wolle: die Autorschaft Hebels ist durchaus unwahrscheinlich
— nicht nur deshalb, weil sich unsere Geschichte nirgendwo in Hebels Gesamtwerk
nachweisen läßt, weder im „Schatzkästlein des Rheinischen Hausfreundes" noch in
den sonstigen Kalenderbeiträgen Hebels aus den Jahren 1803 bis 1819 noch im
Nachlaß, auch nicht unter anderem Titel oder in anderer Fassung. So wird es sich
wohl um eine Nachahmung handeln — es wäre nicht die einzige! — Meckel meint:
„Ich schätze, Berthold Auerbach ist der Verfasser; er schrieb früher oft in dem
,Badischen Hausfreund', unter seinem oder keinem Namen." Leider ließ sich durch
das Ableben von Eberhard Meckel die Untersuchung in dieser Richtung nicht fortsetzen
. Der Verfasser dieser Betrachtung hat jedenfalls in den vier Bänden von
Auerbachs Schwarzwälder Dorfgeschichten kein ,Diamantenes Kreuz' ermitteln
können. Es steht auch dahin, ob Auerbach, wofern er tatsächlich am „Badischen
Hausfreund" mitgearbeitet hat, dies oft hat tun können: offenbar hat dieser Kalender
nur eine kurze Lebensdauer gehabt. Heute hat ein Exemplar wie das hier
vorliegende einen ausgesprochenen Seltenheitswert: im Städtischen Archiv von
Heidelberg ist kein Exemplar mehr nachweisbar, in der Heidelberger Universitäts-
Bibliothek ebenfalls nicht. Die Badische Landesbibliothek besaß die Jahrgänge
1840 und 1842 bis 1847, verlor aber diese sieben Exemplare durch Kriegseinwirkung
(Brand der Bibliothek 1942). Diese Jahrgänge sind nicht nur in dem geretteten
alphabetischen Katalog nachweisbar aufgeführt; sie werden auch in
Kaysers Bücherlexikon und in Hinrichs Bücherkatalog genannt. Daraus läßt sich
wohl schließen, daß dieser Kalender nur eine kurze Lebensdauer besessen hat.
Über die Person des hier zuständigen Kalendermannes ließ sich nichts feststellen.

Übrigens ist ja nicht nur unsere Kalendergeschichte vom „Diamantenen Kreuz"
als Hebel-Nachahmung anzusehen: offensichtlich bewegt sich der ganze Kalenderinhalt
in seinen Spuren. Schon der Name des Kalenders deutet es unmißverständlich
an: „Der Badische Hausfreund" — in Erinnerung zum „Rheinländischen
Hausfreund"! Und die weitere Struktur des Büchleins ahmt das bewährte Vorbild
des letzteren nach. Vierzehn Jahre nach dem Tode des Dichters schien es offenbar

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