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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
32.1970, Heft 2/3.1970
Seite: 133
(PDF, 15 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1970-02-03/0061
Ich liebte das Dorf und seinen Bann und konnte also leicht überschwenglich
werden. Durch einen Freund in Lörrach, der als Schüler bei dem Dekan Kolb in
Tannenkirch eine Weile gelebt hatte, kam ich auch in das Pfarrhaus, dessen
Gastlichkeit es mir antat. Ich konnte im Pfarrhause wohnen, im Gasthause essen
und war schnell in Tannenkirch daheim. Im Jahre 1926 schrieb ich dort das
Drama „Apollon und Kassandra", das in Freiburg uraufgeführt wurde. Bald
aber zwang mich die Schönheit der Landschaft, als Maler einige der besten
Motive darzustellen. Vom Berge aus malte ich das Dorf in seiner behaglichen
Ruhe mit der weithin ausgedehnten Landschaft dahinter bis zu den blauen fernen
Jurafirsten. Ich malte den schönen Friedhof mit seinen mächtigen Kastanien und
dem Blick auf die Kirche, dann ein Bild von großem Format, einen herbstlich
purpurroten Kirschbaum, der mitten in der alten Steingrube aufgegangen war;
ein kleines aber gelungenes Bild entstand morgens zwischen fünf und sechs Uhr,
vom Schlafzimmer im Pfarrhaus aus gesehen, über die nebligen Vordergründe
hinweg zu den Berner Alpen hin, die im Morgenrot perlmutterig glänzten. Ein
Bild vom Steinbruch am Berg ist jetzt im Besitz des Rotary-Klubs in Basel. —
Der Felsen im Walde an der Hohen Schule schuf mit den grauen Buchen einen
guten Akkord. Während ich auf dem Pfade stand und malte, trabten unter mir
Wildschweine durch den Wald, ein prachtvoller Keiler, eine Bache mit flachen
Flanken und drei Frischlinge mit ihren Flecken. Als ich dem Ochsenwirt von
dieser Begegnung erzählte, lächelte er ungläubig. Auch beim Dekan Kolb fand
ich keinen Glauben, und erst als nach ein paar Tagen in der Zeitung zu lesen
war, daß ein Jäger in Liel einen Keiler erlegt hatte, mußten die Ungläubigen
sich bekehren.

Erstaunlich war mir immer der gleichmäßige und unverdrossene Fleiß, die
Arbeitsamkeit der Leute. Als ich morgens um acht Uhr einen Bauern, der Rebstroh
unter dem Arme trug, fragte: „In die Reben?" — antwortete er: „Nein, ich
komme von dort!" —

Auf dem Berge hatte die Gemeinde, immer gut deutsch gesinnt, ihren Toten
ein Ehrenmal errichtet, das weit in die Lande schaut. Die Liste der Toten ist
erschreckend lang, und wenn man sie sich im Zuge in Dreierreihen durch das
Dorf marschierend vorstellt, fühlt man erst, wie ungeheuer der Verlust ist und
bleibt, besonders da er durch einen zweiten noch schwereren Krieg übertroffen
wurde.

Nahe bei Tannenkirch, in der Flur gegen Mappach zu, lag der alte Sammel-
und Thingplatz der Markgräfler am Susenhart. Dort dingten sie Auge in Auge
mit dem Fürsten und leisteten ihm den Treueid, wenn er seinerzeit ihre Rechte
beschworen hatte.

Das Dorf Tannenkirch liegt als ein Juwel im Kerne des Markgräflerlandes,
und sein Kirchturm in den Tannen krönt die einzig schöne Landschaft.

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