Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
33.1971, Heft 1/2.1971
Seite: 98
(PDF, 20 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1971-01-02/0100
Sonett aus der MADLEE bis zu den drei Gedichten von 1947, die nun schon ihr
Jahrzehnt alt sind. Aufs neue bewunderte ich Ihre Kunst, in den überraschendsten
Reimen das Einfache immer anders zu sagen — ich dachte an Rosenranken, die
nach jeder Biegung frisch entzücken. Und wieder ergriff mich das schlichte Leben
Johann Peters mit Urgewalt. Die „Silberwelle" der dritten Strophe (In der Stille,
ganz allein) wogte gleichsam in mein Inneres, und wie ich sie im „Letzten Wort"
nochmals aufglänzen sah, da war es mir vergönnt, aus innerem Mitgehen heraus
einen Blick zu tun in das „christalene G'halt", wo „in der silberne Wagle" Hebels
„Wiese" ihren Ursprung nimmt. Da sie ja auch zur Schlagader Ihrer Welt und
Ihres Werkes geworden ist, drängt es mich, Ihnen zu sagen, wie freudig ich mich
über Ihr Hebel-Buch beugte, und seine Würze wird mich weiterhin umgeben: ich
atme sie.

Herzliche Grüße von einer Maienwelt in die andere,

Ihr Georg Thürer

Der folgende Text stammt aus einem Brief von Prof. Georg Thürer an die Hermann-
Burte-Gesellschaft (zuhanden von Magdalene Neff) vom 9. Juni 1966:

„ . . . Wohl war ich in einem Tale aufgewachsen, wo die Mundart in hohen
Ehren und im tagtäglichen Gebrauche stand, auch an der Landsgemeinde, einem
Thing, der sich jeden Mai zu den Aufgaben vereinigte, welche die reine Volksherrschaft
, allen Mannen auferlegte, die dortzulande stimmberechtigt sind.

Was daneben die Mundart als Dichtersprache zu leisten imstande ist, wußte ich
vom Vorsänger Meinrad Lienert her sowie von den Volksliedern, die unsere Jugend
durchklangen. Lienert musizierte mit der Sprache, Hermann Burte aber ballte sie
wie ein Bildner, der Lehm aus dem heimischen Boden holt. Ich weiß noch genau,
wie ich diesen Schriften erstmals begegnete. In der ersten Hälfte der Dreißigerjahre
unterrichtete ich am Gymnasium Biel, durch welches die deutsch-welsche Sprachgrenze
lief. Im Jahre 1933 wurde ein begabter Germanist an diese Schule gewählt.
Dieser Dr. Heinrich Spinner aus Zürich machte mich auf das Schaffen Hermann
Burtes aufmerksam, und eine schöne Dirigentin, welche mich damals auf einem
wesentlichen Wegstück meines Lebens begleitete, ließ es sich nicht nehmen, mir das
herrliche Buch von der MADLEE zu schenken. Damals wurde die Liebe zu dieser
Kunst begründet, und wenn ich dreißig Jahre später von Burte mehr Verse in mein
Alemannisches Lesebuch ,Holderbluescht' aufnahm als von jedem andern Poeten
seit Hebel, so entspricht das meiner Hochachtung. Ja, ich hätte eigentlich noch
manchen mäßigen Schreiber aus diesem Garten wegweisen sollen, um Raum für
weitere Werkproben Burtes zu schaffen. Allein die Anlage des anthologischen Werkes
folgte nicht nur rein poetischen Maßstäben, sondern wollte auch Talschaften
zum Worte kommen lassen, denen die Gnade, einen Sprachmeister hervorzubringen,
in minderem Maße widerfahren war als dem Wiesental. —

Daß es bei meiner hohen Wertschätzung von Burtes Sprachkunst nicht schon
in den nächsten Jahren zum Händedruck, also zur persönlichen Bekanntschaft kam,
lag vor allem an der Politik, welche die Alemannen hüben und drüben des Rheins
schärfer trennte als zuvor und seit dem zweiten Weltkriege.

Es brauchte den 70. Geburtstag unseres gemeinsamen Freundes Emanuel Stickel-
berger, zu dessen Ehren ich in seiner Basler Heimatstadt sprechen durfte. Das war
im Märzen 1954. Ich begann meine Ansprache in hochdeutscher Sprache und schloß
sie in meiner singenden Bergmundart. Da trat, wie von guter Hand herangeführt,
Hermann Burte in den festlichen Raum, und so konnte ich endlich die Hand
schütteln, welche so treffliche alemannische Gedichte geschrieben hatte.

Wie gerne hätte ich ihn durch unsere Ostschweiz geführt, um ihm zu zeigen,
wie hier das Alemannische weiterlebt und webt. Zu meinem großen Leidwesen war
ich indessen an jenem Tage, da er an meine Türe klopfte, nicht zu Hause, sondern
im fernen Wallis. Eigentlich hätte ich Hermann Burte nach meiner Rückkehr her-

98


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1971-01-02/0100