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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
33.1971, Heft 1/2.1971
Seite: 106
(PDF, 20 MB)
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sondern auch ausgewertet wird. In diesem Zusammenhang muß bedauert werden, daß
das Bundesbahn-Verkehrsamt Freiburg es nicht vermocht (oder nicht für nötig befunden)
hat, statistische Unterlagen über Zielorte zu vermitteln. Daß einzelne Angaben über
badische Verhältnisse nicht zutreffen oder nicht aufs laufende gebracht sind (z. B. die Angaben
über Neuenburg, das Todtnauerli, Lörracher ständige Feuerwache, selbständiges
hygienisches (bakteriologisches) Laboratorium unter fachärztlicher Leitung, Tram, fällt
nicht ins Gewicht. Daß Jenny das alte Märchen vom gewinnbringenden Lörracher Trambetrieb
ungeprüft weitergibt, sei korrigiert: Ein Überschuß der Einnahmen in einer
kameralistischen Rechnung ist eben kein Gewinn im betriebswirtschaftlichen Sinn, wenn
Abschreibungen auf Anlagen über Jahre nicht gemacht werden (können). Auch ein Ortsregister
vermißt man in dieser geographischen Arbeit.

Damit wäre in aller Kürze die Kritik zum eigentlichen Thema beendet, ohne auf
Einzelheiten der inhaltlichen Gestaltung einzugehen. Es scheint uns aber wichtig, auf ein
Gebiet noch näher einzugehen, das Jenny selbst mehrmals andeutet, das den Rahmen eines
geographischen Themas aber wohl sprengen würde. Ich meine die Rolle, die in den
beschriebenen Beziehungen die, wie Jenny sagt, „störenden Wirkungen der Landesgrenze"
oder der „restriktiven Zollvorschriften", spielen. Jenny geht nämlich von der „zentralörtlichen
" Bedeutung Basels aus. Da er sie unterstellt, wundert er sich immer wieder
über die geringe Inanspruchnahme seines „Zentralortes". Das zeigt, daß die wirkliche
Wertung der vorgelegten Zahlen dem Nichtkenner der Restriktionen nicht möglich ist.
Die Fragestellung, die bei Jenny lautet: Welche natürlichen Beziehungen bestehen trotz
der Landesgrenze oder welche werden überhaupt erst durch die Wirkung der Grenze erzeugt
? müßte ergänzt sein duch die Frage: Welche Faktoren bewirken Restriktionen auf
welchen Gebieten? Mit anderen Worten, die Beziehungen Basels zum benachbarten Ausland
sind nicht vollständig dargelegt, wenn die negativen Faktoren nicht offengelegt
werden. Für eine Stadt in der geographischen Lage Basels erscheint dies eigentlich besonders
wichtig.

Jenny streift dieses Problem nur sehr zaghaft, ein wenig einseitig, und vor allem
scheint es, daß er die von einem ausgeprägten Souveränitäts- und Vorrechtsdenken diktierten
Vorbehalte und Restriktionen seines eigenen Landes übersieht. Das paßt nicht zum
Anspruch eines Zentralortes. Wir würden es daher sehr begrüßen, wenn der vorliegenden
Untersuchung bald die Ergänzung durch eine ungeschminkte Darstellung aller Restriktionen
rechtlicher und administrativer Art, denen der Grenzverkehr hin und her unterworfen
ist, folgen würde. Freilich ein juristisches Thema, denn über die Fesstellung von
Tatsachen hinaus werden hier Fragen des internationalen Vertragsrechts und des Verwaltungsrechts
aufgeworfen.

So, wie dies im vorliegenden Fall im Kapitel „Spitäler" versucht wird, kann man es
allerdings nicht machen. Natürlich tritt die Bedeutung der Spezialkrankenhäuser für das
Umland hervor, vor allem die des Kinder- und des Augenspitals. Der Verhältnisquotient
der Inanspruchnahme zeigt aber, daß das Elsaß von den übrigen Spitälern einen z. T. um
das Mehrfache stärkeren Gebrauch macht als die badische Seite. Das kommt, wie dargestellt
wird, zunächst von der besseren Versorgung auf deutscher Seite. Die französische
(wohl staatliche!) Securite sociale zieht daraus, bei Verzicht auf den Bau französischer
Spitäler, die Konsequenz des vollen Kostenersatzes bei Inanspruchnahme der Basler
Anstalten, aber nur für den engsten Grenzkreis. Das veranlaßt Jenny, Behauptungen
gegenüber deutschen Versicherungen, Krankenkassen und der deutschen Ärzteschaft wiederzugeben
, die offensichtlich nicht sorgfältig geprüft wurden, sonst hätten mindestens noch
einige sachliche Gesichtspunkte zutage gefördert werden müssen. Zwar erwähnt Jenny,
daß „auch die Spitalverwaltungen selbst den Patientenzustrom durch eine gezielte Preispolitik
(beeinflussen). Gestaffelte Tarife sollen ein Abfließen von Steuergeldern verhindern
." (S. 124). Es sind aber nicht die Spitalverwaltungen, sondern die städtischen und
kantonalen Gremien, die hier entscheiden. Im Vordergrund steht eindeutig der restriktive
Wille eines Gesetzgebers, das kann man nicht umdrehen.

Jennys Wunsch am Schluß seiner Arbeit, die gegenseitigen Beziehungen durch den
Regio-Gedanken zu fördern, wird nur zu verwirklichen sein, wenn man an den Abbau
von Privilegien denkt, an den Abbau des da und dort stark entwickelten Denkens in
Vorrechten und an die Herstellung des Gegenrechts auf allen Gebieten und in vollem
Umfang. Gerade dazu könnte die offene Darlegung aller Restriktionen sehr nützlich sein.

CMV

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