Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
33.1971, Heft 3.1971
Seite: 137
(PDF, 13 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1971-03/0031
Von diesen periodischen Wochen- oder Tageszeitungen des 17. und 18. Jahrhunderts
soll hier jedoch nicht die Rede sein, sondern von jenen publizistischen
Zeugnissen aus der Frühgeschichte der Presse, die schon bald nach Erfindung des
Druckens mit beweglichen Lettern in Erscheinung traten und als Nachrichtenmedium
eine wichtige Funktion zu erfüllen begannen. Wir nennen diese Erzeugnisse „Neue
Zeitungen", da dieser Ausdruck in den Titeln der Drucke selbst vorkommt, oder
allgemeiner „frühe Informationsliteratur". Es handelt sich in der Regel um „Einzelzeitungen
", die sich auf den Bericht von einem bestimmten Ereignis beschränkten.
„Zeitung" ist in dieser Periode noch gleichbedeutend mit Nachricht, Neuigkeit, Bericht
. Das äußere Erscheinungsbild dieser frühen Zeitungsdrucke ist recht unterschiedlich
und hängt davon ab, welches Publikum angesprochen werden soll. Umfangreiche
Nachrichten für die Gebildeten erschienen häufig in kleinen Schriften
in Heftchenform mit 4, 6, 8 oder mehr Seiten. Diesen Flugschriftendrucken mit teilweise
schon sehr ausführlicher Berichterstattung stehen die Einblattdrucke oder
Flugblätter gegenüber, bei denen die Nachricht auf einem einzigen, einseitig bedruckten
Blatt in Folioformat untergebracht war. Illustrationen fehlen weder in der
Flugschrift noch beim Flugblatt; die meisten Drucke sind mit teilweise grellbunt
illuminierten Holzschnitten ausgestattet. Bilder galten dem ganzen Spätmittelalter
und der frühen Neuzeit als ein Hauptmittel der Belehrung und geistigen Mitteilung,
da sie eine Sprache redeten, die jeder verstand und die auch dem Ungebildeten, der
Schrift Unkundigen zugänglich war.

Von dieser für den täglichen Konsum bestimmten Gebrauchsliteratur, die von
Hand zu Hand ging, betrachtet, gelesen oder vorgelesen wurde, um anschließend
weggeworfen zu werden, hat sich nur ein Bruchteil auf unsere Tage erhalten. Erst
sehr spät hat man den unschätzbaren kulturhistorischen Wert dieser frühen Zeitungsdrucke
erkannt und versucht, zu retten, was noch zu retten war. Es ist wenig
genug und bildet nur einen kleinen Teil dessen, was damals im Umlauf befindlich
war. Heute werden Original-Flugblätter und Flugschriften im Antiquariatsmarkt
zu Phantasiepreisen gehandelt, falls überhaupt einmal einige Exemplare bekannt
werden.

Der erste Schriftsteller, der das neue Medium des illustrierten fliegenden Blattes
in den Dienst der Nachrichtenvermittlung stellte, war der berühmte elsässische Humanist
Sebastian Brant (1457—1521). Von ihm kennen wir bebilderte Flugblattdrucke
aus der Offizin Bergmanns von Olpe in Basel auf den berühmten Meteorstein
von Ensisheim (1492), auf die siamesischen Zwillinge von Worms (1495), die
wunderbare Sau in Landser im Sundgau (1496) oder die sog. „zwifältige Gans zu
Gugenheim" im Elsaß (1496), alles seltsame Naturereignisse und Wundererscheinungen
, die Seb. Brant ausführlich beschrieb und mit der aktuellen Politik in Verbindung
zu bringen verstand. Wir müssen annehmen, daß der Dichter selbst die Orte
aufgesucht hat, in denen diese Ereignisse stattgefunden haben; so wird er mit Recht
als einer der ersten Journalisten oder Lokalreporter bezeichnet. Seine anspruchsvollen
Drucke, die zunächst für die Hand gebildeter Leser bestimmt waren, sollten
im 16. Jahrhundert eine Flut von Nachfolgern finden. Alles, was nur immer berich-
tenswert erschien, von der großen Weltpolitik bis zum abergläubisch bestaunten
Naturereignis, fand seine Darstellung auf diesen fliegenden Blättern, die man um
wenige Pfennige auf den Jahrmärkten oder beim Kolporteur an der Haustüre erstehen
konnte.

Einem Zufall verdanken wir es, daß in der Zentralbibliothek in Zürich eine
großartige Kollektion solcher Flugblätter des 16. Jahrhunderts erhalten geblieben
ist. Sie stammt von einem merkwürdigen Mann namens Johann Jakob Wiek (1522
bis 1588). Er war ein zum Protestantismus übergetretener Geistlicher und Prediger
am Zürcher Großmünster. Wiek hatte es sich zur Aufgabe gesetzt, alle Merkwürdigkeiten
seiner Zeit zu sammeln, und er wandte sich deshalb an Freunde und Bekannte,
die ihn mit schriftlichen und mündlichen Beiträgen unterstützten; er selbst schrieb,
kopierte und zeichnete unermüdlich und füllte jährlich Band um Band. Dreiund-

137


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1971-03/0031