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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
33.1971, Heft 3.1971
Seite: 138
(PDF, 13 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1971-03/0032
zwanzig Folio- und Quartbände hinterließ er, eine ungeheure und noch kaum ausgeschöpfte
Fundgrube zur Kulturgeschichte, zudem ein „Kabinett der Teufelskünste
und der Hinrichtungen", wie Hans Fehr2) die Sammlung nannte.

Unter den zahlreichen Dokumenten, die der Zürcher Chorherr etwa zwischen
1550 und 1580 zusammengetragen hat, befindet sich auch ein Zeugnis, das sich auf
ein Ereignis im Markgräflerland bezieht. Wir drucken dieses Flugblatt3) hier aus
dem 14. Folioband der Wickschen Sammlung im Faksimile ab, bedauern es aber,
daß die Reproduktion nicht in Farbe erfolgen konnte, weil durch die Schwarzweißwiedergabe
einiges von der Wirkung des handkolorierten Holzschnitts verlorengeht.
Das Blatt ist nicht im Markgräflerland selbst gedruckt, sondern es erschien im Verlag
des Augsburger Briefmalers (= Erzeugers und Illuminators von Kleindrucken)
Hans Moser. Von diesem Mann wissen wir nicht viel. In den Repertoiren der großen
Druckerpersönlichkeiten des 16. Jahrhunderts ist er nicht verzeichnet. Er war wohl
einer der vielen „Winkel- oder Hintertreppendrucker". Es sind von ihm nur eine
kleine Anzahl von Flugblättern mit Berichten über Wunderereignisse aus den Jahren
1560, 1561, 1562, 1570 und 1571 bekannt geworden, die alle im Stil des uns vorliegenden
Blattes gehalten sind4).

Betrachten wir zunächst das Bild. Wiek hat es wie die meisten anderen seiner
Sammlung selbst illuminiert: den riesenhaft in der Bildmitte sich auftürmenden Berg
hat er weiß gelassen, dafür treten die aus dem Berginnern hervorzüngelnden Flammen
in Rot und Gelb umso deutlicher hervor. Die Situation deutet auf einen Vulkanausbruch
hin, der das Dorf zu Füßen des Berges bedroht, und in diesem Sinne ist
das Blatt in der Literatur bisher auch allgemein gedeutet worden5). Zwei Menschen
stehen staunend mit hilflosen Gebärden vor dem Naturphänomen. Näheren
Aufschluß über das, was damals im Jahre 1562 im Markgräflerland geschehen sein
mag, muß uns der Text des Blattes vermitteln.

Die Überschrift besagt zunächst nichts weiter, als daß es sich um ein „Erschrok-
kenlich / vnd grausamms wunderzaichen" handelt und wo es sich zugetragen hat.
Dieses „Wunderwerck", so sagt die Überschrift weiter, ist im Folgenden „gantz klaeg-
lich zuhoeren vnnd zu lesen". Diese Formel deutet auf den Stand der Volksbildung
zu damaliger Zeit hin: Lange nicht jeder konnte lesen; wer den Text des Blattes
nicht selbst zu entziffern wußte, der mußte sich aufs Zuhören beschränken und sich
das Blatt vorlesen lassen. Das Bild konnte indes auch er verstehen.

Etwa gleich viel Platz wie der Holzschnitt nimmt der darunter angeordnete
Text von 25 Zeilen in Typendruck ein. Hier wird uns nun Aufschluß über das im
Bild mit anderen darstellerischen Mitteln festgehaltene Geschehen zuteil. Da der
Text in unserer Faksimilewiedergabe mühelos zu lesen ist, verzichten wir auf eine
Umsetzung in heutige Schrifttypen und beschränken uns auf eine zusammenfassende
Interpretation dieser „Zeitungsmeldung". Gleich am Anfang gibt sich der Verfasser,
„Abraham wag / Pfarrherer zu Bollrecht (= Ballrechten) imm Breyßgaw" zu erkennen
. Er ist unter Tausenden von Augenzeugen derjenige, der die Sensationsnachricht
weiterverbreitete, indem er sie niederschrieb und mit Hilfe eines kleinen
Druckers in Augsburg — dem damaligen Zentrum der populären Kleinliteratur —
als Flugblatt herausbrachte. Die erste Frage, die wir an unseren Druck stellen
können, ist die Frage nach der Person dieses Verfassers. Leider läßt sich ein Pfarrer
Abraham Wag nicht mehr ausfindig machen: die Kirchenbücher im katholischen
Pfarramt von Ballrechten reichen nach der freundlichen Auskunft des dortigen
Pfarrers nur bis 1680 zurück. Auch das Badische Generallandesarchiv Karlsruhe
konnte ihn in den Ballrechter Pfarrakten und auch in jenen der Deutschordenskom-
mende Freiburg — von wo die Pfarrei zeitweise versehen wurde — nicht ermitteln.
Der Name Wag ist in den Karteien des 16. Jahrhunderts nicht nachgewiesen6).
Die Frage, ob der Name Realität ist oder einer Fiktion gleichkommt, muß daher
offen bleiben.

Wesentlicher als die Frage nach der Autorschaft ist jedoch die Beschreibung des
Ereignisses. Nach einer genauen geographischen Lokalisierung des „Wunderzai-

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