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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
34.1972, Heft 1/2.1972
Seite: 54
(PDF, 23 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1972-01-02/0056
Generationen sicherte. 1738 starb Markgraf Carl Wilhelm, sein Enkel und Nachfolger
Karl Friedrich war noch keine 10 Jahre alt. Bis zur Mündigkeit übernahmen
Großmutter und Onkel des zukünftigen Markgrafen die Regentschaft. Kaum
war diese Tatsache im Lande bekannt, het de Vogt vo Tägernau si alte Heuzehnt-
freiheitsbrief hintefüre gholt und isch, was gisch - was hesch mi, uf d Burgvogtei
uf Lörrech. Die zuständige Herre hän abgwunke und Vogt samt Schriftstuck wieder
heimgschickt. „'s isch alles in Ordnig", so hän si gseit, und 10 Johr spöter
schribt de Grether Fritz grimmig, aber im schönschte Hochdütsch „und wir einfältigen
Bauersleute haben damals dem Oberamt geglaubt". (So öbbis soll hüt no
vorchoo!) 1746 übernahm Markgraf Karl Friedrich die Regierung; 1747 bekamen
die Untertanen des Oberamtes Rötteln einen neuen Landvogt, und 1748 flatterte
der Steuerbescheid des „Finanzamtes von Gestern" in Gestalt der Forderung auf
den Umbruchszehnten der Bergmatten in die bescheidene Vogtsstube der Tegernauer
. De Vogt het Auge gmacht so groß wie Salzfäßli, schnurstracks isch er uf
Lörrech, het im Herr vo Wallbrunn de alt Heuzehntfreiheitsbrief unter d Nase
ghebt und gwetteret. Freiherr Gustav Magnus von Wallbrunn verteidigte pflichtbewußt
die Rechte seines Herrn und Gebieters in Karlsruhe und verwies den tobenden
Vogt an die Adresse des Markgrafen, „denn nur jener könne wissen, welches
Land unter die Heuzehntfreiheit und welches unter den Neubruchzehnten falle".
Wallbrunn bestand auf dem Umbruchzehnten, „denn die Tegernauer haben in den
verflossenen Jahrzehnten Wald gerodet und neue Bergmatten angelegt". Vogt
Fritz Grether gab eine gegenteilige Darstellung, seine Argumente waren kräftiger,
gehaltvoller. Er behauptete steif und fest: „Viel Land, das heute Wald ist (1748/
1752), war unter Rudolf IL, der uns die Heuzehntfreiheit verliehen hat, angebaut
(Bergmatten), und damals war weder Hunger, noch Krieg, noch Pestilenz; auf dieses
Land erstreckt sich die Heuzehntfreiheit, und wenn das durch den 30jährigen
Krieg verhurstete Land wieder angebaut wird, dann ist es zehntfrei". Punktum. —
Zwei unterschiedliche Meinungen von Recht und Pflicht hielten sich die Waage,
jede in ihrem Standpunkt begründet. Karlsruhe, gleich Salomon, ordnete eine
Untersuchung an und wollte vom Oberamt Rötteln wissen, „was es eigentlich mit
dieser alten Heuzehntfreiheit auf sich hat". In der oberamtlichen Registratur, sowie
in den „fürstlichen Archivalien" zu Basel fanden sich trotz fleißigen Suchens
„keine Notabilien". Der Streit zog sich schon vier Jahre in die Länge, man schrieb
inzwischen Mittsommer 1752. Die Tegernauer frohlockten, sie hätten den Beweis
dieser alten Heuzehntfreiheit auf sich hat". In der oberamtlichen Registratur so-
gegensetzen. Das Oberamt wollte zumindest den Nachweis der geschaffenen Neumatten
führen und sandte eine Kommission in die Waldvogtei; do isch bi de Tägern-
auer und Fischeberger, Bürchauer und Raicher, Gresgemer, un wie sie alli gheiße
hän, Heu dunte gsi . . .! Die Kommission indessen hielt (. . . lt. Verzeichnisprotokoll
vom 20.7.1752 . . .) 74 Jucharten Neumattenland in der Vogtei fest und meinte,
„man könne bei näherer Nachforschung noch mehr feststellen". Die Obrigkeit, an
der Spitze der Vogt, wurde nach Lörrach zitiert, unter Hinweis auf die gefundenen
74 Jucharten wollte man die Tegernauer zu einem gütlichen Vergleich zwingen,
der, jährlich in Geld umgerechnet, zwischen 40 und 50 Gulden betragen sollte.
„Nüt isch", het de Vogt gseit, und sini Gschworene hän dezue mit em Chopf
gschüttlet, „d Buure sin nach dene Neumatte jo gar nit gfrogt worde". Seine Zuflucht
nahm Fritz Grether in sein herrliches Schriftdeutsch: „Wir wollen unserer
Sache nicht die geringste Schminke anstreichen, wir wollen unser Recht"! Die Bürger
der Vogtei wurden daraufhin vom Oberamt einzeln vernommen und ein wie
de ander het gmüetlich gseit: „Mir wüsse nüt von neue Matte, sowit mir üs zruck-
erinnere chönne, sind die scho do gsi". — Das reichte selbst dem Landvogt. Mit seinem
Latein am Ende, bat er hilfesuchend den Markgrafen um den Machtspruch.
Karl Friedrich, bereits in jungen Jahren gerecht und weise, fällte ihn. Da man
„den Tegernauern ohnmöglich beweisen kann, wie es vor 400 Jahren (Donations-
jahr) in der Vogtei ausgesehen hat und ob mehr oder weniger Matten vorhan-

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