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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
34.1972, Heft 1/2.1972
Seite: 60
(PDF, 23 MB)
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barg soviel Zuneigung, daß sich jahrhundertelang die Bewohner seiner Banngrenze
ihre Notdurft bei ihm holen konnten. Mit dem Zoll, den sie entrichteten, formte
sich ihr Charakter, der später in den Akten in „rauh und roh" und von den
Pfarrherren in „halbwild und ganz-wild" umgeschrieben wird. (Ruchi Schale —
weich am Cherne, wäre zuetreffender gsi.) Auch den Namen den sie führten, läßt
ihre Abkunft nicht verleugnen. Als „Wälder" erwiesen sie sich Vater Wald artverwandt
.

Ohne die zusätzliche Qualitätsbezeichnung kamen einst die Wälderbauern in
das heutige Tal der Kleinen Wiese und unterschieden sich weder wesens- noch
stammesmäßig von den Alemannen, die zu dieser Zeit rund um die Burg Rötteln
lebten. Sie hatten dieselben Rechte an und in den Wäldern wie die „Verwandten"
im großen Wald von der Lücke bis zur Scheideck, sie waren ebenso erbittert wie
jene, als ihnen dieses alt-alemannische Recht im Laufe der Jahrhunderte genommen
wurde. Für die Beziehung Mensch — Wald bis zum 16. Jahrhundert sei dem geneigten
Leser „Das Markgräflerland Heft 2/1964" mit der „Geschichte des Vierhöfewaldes
" von Fritz Schülin warm ans Herz gelegt, der in seiner gründlichen
Art die Waldverhältnisse jener Zeit von allen Seiten erhellt und den Gedankensprung
in das Jahr 1588 des Kleinen Wiesentales rechtfertigt. Wohl trennten sich
existenzbedingt zwischenzeitlich die „Waldwege" der Alemannen, doch wenn die
Vogteileute Tegernaus ihre „2000 Rebstecken in die herrschaftlichen Reben" lieferten
, die ihnen lt. Berain von 1572 vorgeschrieben waren und die „30 Vieriin Raifh,
davon 8 Vieriin 18 schüchyg, die übrigen 14 schüchyg in des Küfers Hus gen Rötteln
" führten, trafen sie sicher hin und wieder einen Vetter und Artgenossen aus
dem „Höfer-Wald", dem sie ihr „guet Holz" entboten. Ob wohl das Männergespräch
vom „Cheibeförschter — Bösi Zite" stattgefunden hat? —

„Seit uralten Zeiten besitzen wir das Recht, in den Wäldern Holz zu hauen,
soviel die Notdurft verlangt, damit wir uns in dieser rauhen und wintrigen
Gegend halten können", so schrieben 1588 die „Geschworenen" der Vogteien
Tegernau, Weitenau und Vogelbach dem Markgrafen nach Hachberg und unterrichteten
ihn gleichzeitig, daß sie, die Waldleute, mit der neuen Waldordnung
„ganz und gar nicht einverstanden" waren. Den Forstknecht, der „seit etlichen
Jahren in Tegernau" saß und „vor kurzem bei Pein und 20 Kronen Strafe" den
freien Holzhieb verbot, wollten sie entfernt und ihr altes Land- und Waldrecht
gewahrt wissen. Friedlin Jost von Langenau, Bernhard Grether von Gresgen,
Simon Dörflinger von Salineck, Hanz Schanzle von Weitenau, Baschi Schlauerer
von Marzell und Johannes Schweinlin von Lütschenbach traten aus der Anonymität
und erklärten im Namen aller Waldleute, „wir wollen unsere Weiber und Kinder
in Ehren ernähren und haben nicht weiteres zu verkaufen, weder Wein, noch
Korn und können ansonsten unsere Schätzung nicht bezahlen". Die Vogelbacher
nahmen die Gelegenheit beim Schopf. Da sie gerade am Schreiben waren, erstatteten
sie dem gnädigsten Fürsten die stramme Meldung, daß sie „vom Burgvogt
von der Susenburg nichts zu essen und zu trinken bekommen, wann sie frohnen
müssen". Die fein gezirkelten Buchstaben des Jahres 1588 verfehlten die erhoffte
Wirkung, der Forstknecht blieb; ob der knurrende Magen der Vogelbacher besseren
Zeiten entgegensah, entzieht sich der Kenntnis.

Aus dem gleichzeitig angeführten „Dielen-Wagen-Reifen- und Kohl-Holz",
das die Waldbauern „samt Rebstecken" 1588 „seit uralter Zeit frei schlagen und
holen" konnten, schimmert die zweite Hälfte des Brotlaibes, der das harte Leben
im Kleinen Wiesental durchstehen ließ. Wie die Gersbacher 1585 „die Dielen,
Lattenbäume und Erbsstecken seit altersher nach Schöpfen" zum Verkauf brachten,
so kam die „hölzerne Hand" der Wälderbauern in das offene Land, brachte und
nahm. —

Vier Generationen später, im kalten Dezember 1692, versammelten sich die
Wälderbauern in Schopfheim; der neue Forstmeister Friedrich von Rippur, der
von Kandern aus mit eiserner, aber fachmännischer Hand durch die Wälder


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