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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
34.1972, Heft 1/2.1972
Seite: 82
(PDF, 23 MB)
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mißverständliche Antworten, die sich einfach an der Wirklichkeit messen. Schwieriger
wird es bei der Frage „wieso". Wieso ist das Haus im Wiesental anders als
z. B. im Bärental? Bei den Antworten hierauf vermischen sich historische Aussagen
aus spärlich fließenden Quellen mit Vermutungen.

Wir wissen, daß das beschriebene Gebiet zwischen Münstertal und Wiesental
wie der Schauinsland Bergbaugebiet war und daß der Bergbau, der Arbeitsplätze
bot, Siedler aus der Schweiz und Tirol angezogen hat. Sie waren für die Bauern
willkommene Verbraucher ihrer Erzeugnisse. Leicht ließe sich nun vermuten, diese
Einwanderer hätten auch etwas von der Zimmermannskunst ihrer Heimat verstanden
und deren Einfluß in der neuen Umgebung geltend gemacht. Gerade
mit der Brückentenne, die in den Alpenländern in ähnlicher Konstruktion vorkommt
, ließe sich die Vermutung stützen. Ob sie stimmt, sei hier dahingestellt.
Eines steht fest, der Niedergang des Bergbaus im 17. und 18. Jahrhundert bedeutete
für den Hausbau dieser Gegend keine Beeinträchtigung. Im Gegenteil,
gerade im 18. Jahrhundert entstand es — äußerlich zwar unverändert — doch
in einer schwierigeren Konstruktion wieder neu: mit dem liegenden Stuhl, der
mehr freien Scheuer- und Speicherraum gewährt, da er auf die Firstsäulen verzichtet
und den Schub des Daches auf die Hauswände verlagert.

Heimarbeit in Doppelhäusern

Leichter nachweisbar als der Bergbau hat die Heimindustrie auf die Häuser
gewirkt. Anders als im Münstertal, wo große Bauernhöfe stehen, die aus Tradi-
tions- und Standesbewußtsein immer geschlossen vererbt wurden, herrschte im
Gebiet um das Wiesental wie draußen in der Ebene der Rechtsgrundsatz der
Realteilung. Da sich die Bauern im rauhen Schwarzwald von einer kleinen
Nutzungsfläche aber nicht ernähren konnten, wandten sie sich mannigfaltigen
Nebenerwerben zu, der Waldarbeit und Flößerei, der Harzgewinnung, dem
Schnefeln, wie hier das Holzschnitzen genannt wird, vor allem aber dem Spinnen
und Weben. Im Wiesental waren diese beiden letzteren Handwerke dank dem
Schweizer Absatzmarkt so heimisch und verbreitet, daß im 19. Jahrhundert große
einschlägige Industrien entstanden.

Dank dieser Erwerbsquellen wohnten mehr Menschen auf dem Wald als der
Boden ernähren konnte. Große Doppel- oder gar Mehrfamilienhäuser entstanden,
in denen oft ganz gegen sonstige Schwarzwälder Gepflogenheit der Wohnteil den
Ökonomietrakt an Umfang übertraf. Bei Doppelhäusern kann die Teilung längs,
d. h. in Firstrichtung erfolgen, aber auch quer, so daß nur die Ställe und Tennen
in der Mitte aneinandergrenzen, während jede Familie ihren walmgeschützten
Wohngiebel für sich hatte, die eine allerdings auf der Wetterseite. Für die letztere,
trotz des angedeuteten Nachteils sicher psychologisch klügere Lösung bietet das
Haus Nr. 7 in Präg, das 1802 erbaut wurde, ein schönes Beispiel. Für die erstere,
weiter verbreitete Art mit nebeneinanderliegenden Wohnteilen kann die alte Mühle
in Schönau, Felsenstraße 3, als stellvertretend gelten.

Die Häuser des Markgräfler Waldlandes, die hier ausgehend von Professor
Schillis Forschungen volkstümlich beschrieben wurden, bieten noch so viel Urtümliches
, und wir kommen gerade noch zurecht, sie in Wirklichkeit, an ihren ursprünglichen
Plätzen und in ihrer überlieferten Nutzung zu erleben und nicht
bloß in Museen.

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