Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1972-03-04/0059
///. Die Verfassung der st.-bläsischen Dinghöfe

Als St. Blasien seine Klosterherrschaft abgerundet hatte und mit beiden Füßen
fest in der Landschaft stand, begann die Verwaltung, den weiträumigen Besitz im
Bereich des Baselamtes im Jahre 1312 14) auf einer schmalen und langen Pergamentrolle
mit Orts-, Familiennamen und Zinsen aufzuschreiben. Es folgten dann
1344 der Weitenauer Rodel10), weitere Aufzeichnungen in Bereins-Büchern 1350,
1352, 1406 usf. Zu gleicher Zeit entstanden auch die Dingrodel, die erstbekannten
sog. Weistümer, welche die damals mündlich überlieferten Rechtsverhältnisse zwischen
dem st.-bläsischen Dinghof und dessen Hofgenossen „Schwarz auf Weiß" beschrieben
, damit auch Gewohnheiten und Rechtsbräuche aus germanischer Wurzel
mit römischen Anhängseln, welche vom steten Wandel und Zerfall bedroht waren,
verbrieft wurden. In einer losen Aufzählung von Pflichten und Rechten klären, beschreiben
und begrenzen diese Rechtsstatuten die gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnisse
, aber auch das Zusammenwirken der benachbarten Herren neben- und
miteinander und gegenüber den dinghofhörigen Untertanen der Dorfgemeinde,
der Gebursami. — Alles war in Fluß geraten; die ursprüngliche Villifkations-
verfassung mit der festgefügten Ordnung drohte, von den verschiedenen, allerorts
wirkenden und einflußreichen Kräften angegriffen, zu zerfallen. Die Herren unter
sich strebten nach Ausschließlichkeit in ihrem Machtbereich. St. Blasien als Grundherr
zielte nach Abrundung seines Bodenbesitzes. Die hohen und niederen Gerichtsherren
gerieten sich ins Gehege. Der Markgraf hatte mit der Zeit die niedere
Gerichtsherrschaft an den st.-bläsischen Dinghoforten wie in Efringen und Nieder-
eggenen erlangt und als Gerichtslehen ausgegeben 16). Im 15. jhdt. gab es nur
noch wenige Eigenleute für St. Blasien in den Markgräfler Orten im Sinne der
ursprünglichen Hofhörigkeit. Je bedrohlicher die An- und Eingriffe wurden,
desto zäher wehrte sich der Abt mit seinen überlieferten Instrumenten für die
Gültigkeit seiner Rechte, während sich die Angreifer nur zu gerne auf die Unsicherheit
und zweifelhafte Fertigung seiner Zeugnisse beriefen. So hatten die
Dingrodel noch weitere Jahrhunderte mindestens formell das überlieferte Recht
für St. Blasien und seine „Gotteshausleute" bezeugt. Die schriftlich fixierte Hofordnung
wurde verbindlich für die Betroffenen und alle Jahre an den drei
Dingtagen den Versammelten vorgelesen, um ihre Richtigkeit befragt und immer
wieder bestätigt. Aber die Entwicklung blieb nicht beim Stand der Aufzeichnungen
des 14./15. Jahrhunderts stehen, die Formeln und beschriebenen Bräuche
erstarrten auf dem Pergament, die lebendige Geschichte überholte die Form und
schob sie endgültig als überflüssig und unbrauchbar im 17. Jahrhundert beiseite.

Die Texte der Rodel für die Dinghofbezirke im Markgräflerland sind lückenlos
überliefert (17). Deren Inhalte regen zum Vergleichen an. Dazu bieten sich die
ausführlichsten der Dinghöfe von Steinen, Efringen und Weitenau an. Zusätze und
bemerkenswerte andere Formen und Titel aus den übrigen Dingrödeln von Riehen,
Fahrnau, Kleinkems, Ober- und Niedereggenen, Hügelheim und Gallenweiler schließen
sich folgerichtig den grundlegenden Punkten an.

Nach Recht und altem Herkommen wurde das Weistum vor dem öffentlich
verbannten Gericht im Dinghof unter freiem Himmel von Wort zu Wort „geöffnet
und gewiesen". Der Amtmann oder der Propst führten dreimal im Jahr den Stab
bei den ordentlichen Gedingen, das erste am St.-Hilarien-Tag oder St.-Gleris-Tag
(14. Jenner), das zweite zu „usgehnder Osterwoche", das dritte zu St. Johann
„sungechten" (am 24. Juni), um die Sonnenwende. In Hügelheim und Obereggenen
gebot der Meier die Hofgenossen zum öffnen und Rechten am St.-Hilarientag, zu
Maien und am St.-Martinstag (11. November); in Weitenau sind nur zwei Dingtage
genannt, an St.-Gleris und im Mai, wo die Gotteshausleute bei der Kirche
unter der Linde sich versammelten. Den 3 ordentlichen Gedingen konnten nach
Bedarf zwei Nachgerichte folgen. Grundsätzlich erinnerte der Dinghofmeier rechtzeitig
vor der Kirche die Leute an die Termine. In Obereggenen lud der Bannwart

179


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1972-03-04/0059