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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1972-03-04/0075
der ersten Gemahlin Napoleons. Bei einem Gesellschaftsabend wird sie diesem
vorgestellt. „Wie erstaunt war ich", so schreibt Stephanie in ihren Erinnerungen,
„als ich einen einfach gekleideten, kleinen Mann auf mich zukommen sah, der,
so erklärte man mir, der Erste Konsul der Republik sei . .. Ich soll mich gut unterhalten
. Er werde mir einen Tänzer verschaffen". Wie gut, daß Madame Bonaparte
keinerlei Mißfallen ihrer Großnichte gegenüber zeigte und ihr Gemahl
über die ungezwungene Lebhaftigkeit ihres Wesens und den noch kindlichen Freimut
ihrer Antworten sich belustigt. Doch nur kurz währen auch hier die herrlichen
Tage. Schon nach zwei Wochen wird sie zur weiteren Erziehung der Madame
Campan, ehemals Kammerfrau und Vorleserin der Königin Maria Antoinette,
nunmehr Leiterin eines Töchterinstituts in Saint-Germain, en-Laye, anvertraut.
Nur einmal wird der Aufenthalt in diesem vornehmen Palais Rohan unterbrochen
. Die Kaiserkrönung anfangs Dezember 1804 wird für die heranwachsende
Schülerin zum großen Erlebnis ihrer Jugendzeit. In der festlich geschmückten
Notre-Dame-Kirche, unmittelbar neben dem Kaiserpaar, kann sie allen Einzelheiten
des eindrucksvollen Schauspiels folgen. Staunend beobachtet sie, wie der
Papst sich in voller Würde erhebt, um die Krönung feierlichst zu vollziehen.
Napoleon jedoch nimmt ihm die Krone aus den Händen und krönt sich selbst. -
Das badische Nachbarland ist durch den Erbprinzen Karl, Enkel des Kurfürsten
Karl Friedrich, und seinen Oheim, den Markgrafen Ludwig, vertreten.

Mit Eifer wird die Schularbeit in der „Institution Nationale" in Saint-Germain
wieder aufgenommen. Im hohen Alter noch denkt Stephanie dankbar an Madame
Campan, die Charakterschulung und Herzensbildung über Geistespflege und Wissensfülle
stellte. Zur größten Überraschung aller Mitschülerinnen hält vor dem
Palais Rohan zu Beginn des Jahres 1806 ein mit sechs Pferden bespannter Galawagen
. Ihm entsteigt die Marquise de Saint-Hilaire. Im Beisein von Madame
Campan gibt sie ihren Auftrag bekannt: Die Kaiserin Josephine läßt Made-
moiselle Beauharnais bitten, für einige Tage an den Hof zu kommen.

Das hübsche Aussehen und das gewandte Auftreten der Sechzehnjährigen
findet überall, wo sie sich sehen läßt, ungeteilten Beifall. Schon nach wenigen
Tagen erfährt sie, daß sie ausersehen sei, einen Erbprinzen aus vornehmem Haus,
nämlich den Enkel Karl des Kurfürsten Karl Friedrich von Baden, zu heiraten.
Der Kaiser werde sie deshalb als seine Tochter annehmen und zur Prinzessin von
Frankreich erheben. Da bald Sondergesandte des zukünftigen Bräutigams, des
Prince electeur, von Karlsruhe eintreffen werden, möge sie sich bereithalten zur
Entgegennahme der badischen Werbung 3).

///. Verlobung und Hochzeit am Kaiserhof in Paris (1806)

Mit diesem politischen Schachzug hoffte der Korse, seine Stellung bei den
europäischen Höfen noch mehr als bisher zu festigen. Diesem Plan kam der stille
Wunsch des 78jährigen badischen Kurfürsten (und seiner Ratgeber), bei der bevorstehenden
Länderbereinigung Großherzog des geplanten Oberrheinstaates zu
werden, bereitwilligst entgegen. Mit seinem Besuch in Karlsruhe Ende Januar 1806,
begleitet von seinem Minister Talleyrand, sah Napoleon sein Ziel nahezu erreicht.
In den zwar aufs freundlichste geführten Gesprächen zeigte er sich durch feine
Andeutungen und nadelspitze Seitenhiebe als überlegener Partner und über die
näheren Verhältnisse des bescheidenen Staatswesens bestens orientiert. In einer
etwas scharf geführten Unterredung hatte Karls Mutter4) schwerste Bedenken
gegen die „politische wie konfessionelle Mischehe" ihres Sohnes mit Mlle. Beauharnais
vorgebracht. „Wenn sie wenigstens Ihres Blutes wäre, Ihrer eigenen Familie
angehörte!" - „Eh bien, je l'adopte", war die Antwort. Die drohende Bemerkung
„l'alliance ou point de Brisgow" sowie die Zusicherung einer beträchtlichen Erhöhung
ihres Witwengeldes beendete das ungleiche Spiel. Schmerzlich empfand

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