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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1972-03-04/0079
Aufmerksamkeit schenkt ihr der Prinz Wilhelm von Preußen, nachmaliger König
und Kaiser. Begleitet vom Bundestagsabgeordneten von Bismarck, besucht er sie
in Baden-Baden. Hier gibt sie auch anläßlich dessen Zusammenkunft mit Napoleon
III. einen Abendempfang. Zum letzten Mal trifft sie den Hohenzollern-
prinzen mit seiner Gemahlin Augusta in Badenweiler am 28. August 1854. Eng
verbunden fühlt sie sich mit dem badischen Großherzogspaar. Aus Anlaß der
Geburt des späteren Erbprinzen Friedrich veranstaltet sie im Schloß Umkirch
einen Danksagungsgottesdienst.

In dieser ländlichen Stille verlebte die Mutter mit ihren Töchtern und Enkelkindern
erholsame Stunden. Luise, die älteste, heiratete den Prinzen Gustav
Wasa, Josephine den Fürsten Karl Anton von Hohenzollern und Marie den
Herzog von Hamilton. Von ihren Enkeln brachte es Wilhelm von Hohenzollern
zum König von Rumänien, sein Bruder Leopold 1870 zum Thronkandidaten von
Spanien. Ihre Liebe zu diesem kleinen Paradies inmitten der Rheinebene beschrieb
Stephanie in ihrem Tagebuch mit folgenden Worten:

„Mancherlei Laute dringen aus den Feldern herein. Sie haben etwas Liebliches,
Schmerzbetäubendes. Der Gesang der Vögel, das Summen der Bienen, das Geräusch
der Dreschflegel, die Karren, die in das Dorf zurückrattern, die Blumen, die
aufkeimen, blühen und verwelken, oft ohne daß sie jemand beobachtet: Dies
ganze weltferne Leben leitet die Gedanken zu Gott, der all das Schöne schuf als
Abbild einer besseren Welt."

Einen Tag vor ihrer Fahrt nach Nizza — es war Ende Oktober 1859 — nahm
Großherzog Friedrich in Baden-Baden von der vom Alter Gezeichneten Abschied.
Am 29. Januar des folgenden Jahres schloß sie ihre Augen für immer. In der
Familiengruft der Pforzheimer Stadtkirche fand sie neben ihrem vier Jahrzehnte
vorher verstorbenen Gemahl ihre letzte Ruhestätte.

„Ausgestattet mit seltenen Gaben des Geistes und wahrer Herzensgüte hat sie
die schweren Prüfungen und tragischen Wechselfälle ihres Lebens mit bewundernswerter
Würde ertragen. — Griff sie auch nicht entscheidend in die Geschichte ihrer
Zeit ein, so ist sie doch den ausgezeichneten Frauen ihres Jahrhunderts beizuzählen
8).

Anmerkungen

1) Stephanies Vater, Graf Claude de Beauharnais, begann seine steile Laufbahn als Offizier
der königlichen Leibgarde. Schon in jungen Jahren brachte er es zum Senator der
französischen Republik und zum Ehrenkavalier der Kaiserin Marie Louise.

2) Stephanies Großtante Josephine, eine geborene Tascher de la Pagerie, war in erster
Ehe verheiratet mit dem General Alexandre de Beauharnais (gouillotiniert i. J. 1796
wegen Übergabe der Festung Mainz). Er war der Onkel von Stephanies Vater, mithin
Stephanies Großonkel.

3) Erbprinz Karl, geb. 1786 als Sohn des auf der Heimfahrt von Schweden tödlich verunglückten
Erbprinzen Karl Ludwig.

4) Karls Mutter Amalie ging unter dem Beinamen „die Schwiegermutter Europas" in die
Geschichte ein. Ihre Schwiegersöhne waren der Zar Alexander von Rußland, König
Max Joseph von Bayern, König Gustav IV. von Schweden, Großherzog Ludwig von
Hessen und Herzog Friedr. Willi, von Braunschweig.

5) Karl Chr. Gmelin, der Freund Hebels, brachte es bis zum Professor der Botanik und
Hofrat in Karlsruhe. Seine Wiege stand im Pfarrhaus zu Badenweiler.

6) In einem recht schlechten Licht zeigte sich Großherzog Karl auf dem Wiener Kongreß.
Über ihn schreibt Frh. v. Stein in seinem Tagebuch: „Seine Faulheit war grenzenlos"
und bestätigt damit ein früheres Urteil Napoleons: „Ce prince est indecrottable!"
(unverbesserlich). Litt Karl schon vor seiner Hochzeit an Asthmaanfällen, so hatte
Stephanie bei seiner Rückkehr von Wien am 18. Mai 1815 den Eindruck, einen
Schwerkranken vor sich zu haben.

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