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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1972-03-04/0085
Vis -ctü — als Vesere in Frankreich oder als Vesdre/Weser in Belgien — und mit
verschiedener Vokalisierung des nt-Suffixes die FlNN. * Visentios/Bisenzo (Tos-
cana), * Wisantia/Wiesaz (Württemberg) und :;" Visontia/V esonze (Wallis)29).

6.

Ein Blick über die Grenzen des Markgräflerlandes hinaus rückt schließlich noch
die Wehra in den Bereich dieser Darstellung. Die Erwähnungen der Burg Wehr
aus dem 11. und 12. Jh. belegen als älteste Form des Namens Werra. Diese ist
insofern zweideutig, als dahinter einstämmiges Werra mit dem obliquen Kasus
1257 in Werrun (schwach) und 1483 in die Werre (stark) stehen kann oder die
latinisierte Zusammensetzung * Werr-a(ha), vgl. 1262 ff. Werrach, wovon heute
Wehr-a. Die Verdeutlichung durch das angefügte -aha hat offensichtlich fakultativen
Charakter, und wir können einen ursprünglich einstämmigen FlN. Werra
ansetzen.

Bereits A. Bacmeister, a.a.O. 96 Anm. 5, leitete Werra von *Wisra her und
zog die Parallele zu Werra, dem rechten Quellfluß der Weser. Die norddeutsche
Werra soll aus *Wisraha, dieses aus Wiser-aha = Weser entstanden sein. Die
Belege für den angeblichen Lautwandel / sr / > / rr / sind jedoch spärlich. Wir
verzichten auf den Vergleich mit Werra/Weser und ziehen die Mundart zu Rate.
In ihr heißt die Wehra d'wera, was im Einklang mit den historischen Belegen
am ehesten eine vorahd. (vorgerm.) Form * War ja fortsetzt. Mit * War ja identisch
ist die Grundform (Varia) für die FlNN. Vaire (Veyre) in Frankreich und Vare
in Litauen. Alle diese Namen können auf eine noch ältere Ausgangsform, nämlich
* Woria zurückgeführt werden und gehören damit in die alteuropäische Hydro-
nymie. *Woria geht von der ablautenden Wurzel *werl*wor- „Wasser, Regen,
Fluß" aus, die mit den typischen Ableitungselementen der Hydronymie in zahllosen
FlNN. Europas vorliegt. In den meisten Fällen zeigen die mit *wor- gebildeten
Namen den einzelsprachlichen Übergang von lol in /a/, vgl. Vara (Ligu-
rien) aus *Wor-a oder *Varantia, jetzt Wörnitz (s. o.), aus *Wor-ntia, usw.30).

Der Wechsel von lol zu /a/ ist im speziellen Fall der * Warja/Wehra. nicht ohne
Konsequenzen. Das Keltische kennt diesen Lautwandel nämlich nicht. Daraus ist
zu schließen, daß 'rWarja ein nicht- bzw. vor-keltischer FlN. ist. Die Eigentümlichkeit
des o/a-Wechsels verbindet die Wehra mit der nahen Aare, deren spätantiker
Name *Arura war. Auch der FlN. *Arura findet einen Platz in der alteuropäischen
Hydronymie, wenn er auf eine indogermanische Grundform ''Orura
zurückgeführt wird. ''Amra und -'Warja entstammen aufgrund ihrer Zugehörigkeit
zur voreinzelsprachlichen Hydronymie und des nicht-keltischen o/a-Wechsels
sehr wahrscheinlich einer Namenschicht, die älter ist als die Ausbreitung der keltischen
Sprache in unserer Gegend.

Anmerkungen

1) bearbeitet von M. Weber und G. Helier, A. Schäfer, H. G. Zier, P. Zinsmaier, Stuttgart
1969, Spalte 96 S. 59

2) vgl. Die rechten Nebenflüsse des Rheins von der Quelle bis zur Einmündung des Mains
(ohne Neckar), bearb. v. Th. Geiger, Hydronymia Germaniae A 2, S. 95 f, wo jedoch
ein veralteter Überblick über die Belege geboten wird. Weitere Belege s. d.

3) Die Flußnamen Württembergs und Badens (1930) 65 f.

4) Deutsche Namenkunde II 1 (1953) § 410,4

5) Beiträge zur Namenforschung 15 (1964) 140 f.

6) Der ON. Novtomagus ist überall in Gallien, Belgien, Britannien usw. häufig (A. Holder
, Altceltischer Sprachschatz II 790—92) und wird als Kompositum aus gall. novio-s
„neu" (indogerm. *newjos) und dem neutralen s-Stamm kelt. magos, Genitiv -'mages-os
„Feld, Ebene" (H. Krähe, Sprache und Vorzeit, 1954, 124) aufgefaßt. Novtomagus
war also von Hause aus nicht wie in der lat. Tradition (Noviomagus, um, -o) ein
maskuliner o-Stamm.

7) vgl. auch F. Stähelin, Zeitschrift für Schweizerische Geschichte 15 (1935) 351

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