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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
35.1973, Heft 1/2.1973
Seite: 25
(PDF, 22 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1973-01-02/0027
Das Land am Oberrhein stellt durch seine Natur und Geschichte eine lebendig
gewachsene Einheit dar, zusammengefaßt durch den Strom und Gebirgsrahmen.
Das Wasser, welches bis vor hundert Jahren in tausend Armen das „amphibische
Land" durchzog, schuf das einigende Band. Nie lag im Strom eine Volksgrenze
oder gar eine Landesgrenze. Nur die Bistumsgrenze von Basel und Konstanz
zeigte der Talweg auf einer kurzen Oberrheinstrecke an; das Bistum Straßburg
dagegen schloß sich nördlich in beiden Uferlanden an. Bis zum Westfälischen Frieden
im Jahre 1648 gab es im Stromland nur die anstößigen Hoheitsgrenzen deutscher
Landesfürsten. Von der linken Seite griffen Vorderösterreich und das Hochstift
Basel mit Hoheitsrechten in das Gebiet der Markgrafen auf der rechten Seite
über. Der Breisgau, welcher einst vom Rheinknie bei Basel bis zur Bleiche bei
Herbolzheim reichte, war durch die Besitznahme Habsburgs zusammen mit dem
vorderösterreichischen Sundgau ein politischer Begriff geworden, aus dem nach
Einführung der Reformation die Territorien der badischen Markgrafen endgültig
ausschieden.

Die Uferdörfer auf beiden Seiten begegneten sich nebeneinander in den herrschaftlich
abgegrenzten Fischwassern oder auf den Auen und Werthen beim Holzen
und Weiden mit ihren Rossen, Rindern und Sauherden, teils verträglich, meist
aber eifersüchtig und streitlustig auf der Hut gegen Übergriffe von der einen
oder anderen Seite. Strittig wurden die Allmenden auf den Inseln, die das Hochwasser
angriff und schmälerte, was zu ständigen Prozeßverfahren, neuen Vergleichen
, Verträgen mit neubestimmbaren Grenzmarken Anlaß gab. Vor allem häuften
sich die Übergriffe auf die jenseitigen Gemeindegüter seit dem Bau der Vauban-
Festung (1679—1683) durch anmaßendes Weidfahren mit Garnisonspferden,
Schlagen von Faschinen- und Brennholz und Beschlagnahme der Zehntfrüchte.

Bis 1648 galt also für die anliegenden Ufergemeinden nur eine „uralte
Grenze", Eigentums- und Banngrenzen, welche sich mit den Hoheitsgrenzen
der zuständigen Territorialherren deckten. Diese einheitliche Bann- und Territoriumsgrenze
bildete mit ihren festbestimmten Lagen eine vielfach gebrochene Linie,
welche das ganze Stromgebiet der Länge nach abteilte. Sie war ursprünglich mit
„Lochen", bemerkbaren Bäumen und Büschen, gekennzeichnet, seit dem 16. Jahrhundert
aber zunehmend mit festen, hochstehenden Grenzsteinen vermarkt, welche
mit den herrschaftlichen Hoheitszeichen auch die zuständige Gerichtsherrschaft anzeigten
. So stellt ein Urbar von 1568 bereits die 5 überlieferten Bannsteine fest,
bei denen sich die Bänne der Markgräfler-Orte Efringen, Kirchen und Märkt und
der baselbischöflichen Dörfer Istein und Huttingen mit den vorderösterreichischen
Sundgaugemeinden Blotzheim, Barthenheim und Kembs jenseits des Stromlaufs
begegneten. Seit dem 17. Jahrhundert fiel es Vater Rhein ein, wieder einmal
seinen Hauptweg zu ändern, und zwar dem östlichen Hochgestade zu.

Da Frankreich nach 1648 den Talweg des Rheins als seine Hoheitsgrenze erklärte
, gab es nun neben den bestehenden Banngrenzen der Gemeinden fortan noch
eine zweite Grenze, welche die Willkür des Stromes bestimmte. Die beiden Grenzen
überschnitten sich; deshalb befand sich unter zwei Ufergemeinden mindestens
eine, deren Bannteile in einer fremden Hoheit lag. Davon betroffen waren vor
allem unsere Dörfer Märkt, Kirchen, Efringen und Istein, deren Rheinallmenden
größtenteils jenseits des Talweges und somit im französischen Hoheitsgebiet lagen.

Unsere Heimat war Grenzland geworden und hatte in der Folgezeit die Feindseligkeiten
Frankreichs gegenüber Habsburg am nächsten zu erdulden. Vauban, des
„Allerchristlichsten Königs von Frankreich" Festungsbauer, baute Groß-Hüningen
als Rheinfeste, Garnison und Ausfallstor im Süden des Reiches aus. Es folgte (1689)
gegen den Protest des Markgrafen und der Stadt Basel der Bau des Brückenkopfes
auf der gegenüberliegenden badischen „Schusterinsel". Vierhundert Bauern und
Fischer von Hüningen wurden 1684 zum Auszug aus ihrem angestammten Dorf
auf eine benachbarte Insel in der Au befohlen. Sie zogen mit ihrem Dorfzeichen,
der Eule, aus. bauten ihre bescheidenen Häuschen rund um ihre wiederaufgebaute

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