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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
35.1973, Heft 1/2.1973
Seite: 89
(PDF, 22 MB)
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Durch solche Satzlabyrinthe von Doppelungen und Tripelungen — du mußt es
dreimal sagen — kämpft man sich am Anfang auf fast allen Seiten. Wenn es dem
Verfasser möglich wäre, dieses Desperanto in mein geliebtes Deutsch zu übertragen,
und wenn er versuchte, seine Einzelergebnisse von einem höheren Stand aus noch
einmal zu sichten, könnte er ein Buch schreiben, das die Hebel-Philologie ein Stück
weiterbrächte.

Ulrich Däster, Johann Peter Hebel. Studien zu seinen Kalendergeschichten.
Diss. Zürich 1968.

Dies ist nicht die erste Zürcher Dissertation über Hebel, aber die schlechteste.
Es spricht eigentlich nicht viel mehr aus ihr als das Bewußtsein des Verfassers,
daß ein erarbeiteter Doktortitel einem ehrenhalber geschenkten doch hoch überlegen
sei. Dieses Bildungsgefälle zeigt sich seines Erachtens vor allem in der Sprache:

Sie hat einen eigenen Tonfall: „Haha, schaut's da heraus?" — „Das muß wohl auch
ein guter Freund von Euch gewesen sein, dem das Glöcklein läutet." — Vor einer
akademisch strengen Sprachpflege vermöchten solche Sätze vielleicht nicht zu bestehen
. Allerdings spricht sie ja der Handwerksbursche, dem man notfalls mangelnde
Bildung zugute halten könnte. Mit solcher Nachsicht kann freilich Hebel,
der Professor in Karlsruhe, nicht rechnen. Trotzdem scheint auch er sich keinen
Zwang anzutun. Vom Standpunkte des Grammatikers aus ist ein Satz wie der
folgende geradezu falsch: Jetzt ergriff unsern Fremdling ein wehmütiges Gefühl. . .
und blieb mit dem Hut in den Händen andächtig stehen." Man könnte ja meinen,
das Gefühl sei mit dem Hut in den Händen stehen geblieben. Aber es braucht schon
etwas Pedanterie dazu, überhaupt auf diesen Gedanken zu verfallen. (17)

Weiter legt er in seinem betulichen Traktätlein dar, daß er zwischen „Erzähler
— Hörer — Gegenstand" etwas gespürt habe, und das sei eben die „Kunst".
Der Gehalt des Kalenders wird eingeebnet auf die Platitüden „Vergänglichkeit",
„Welt" und „Maß und Distanz". Dazu kommt noch ein Kapitel „Humor". Eine
Charakterisierung des Verhältnisses des Autors zum Gegenstand seiner Dissertation
, wie sie die Satire nicht grausamer erfinden könnte, steht auf S. 62:

„Es ist, als ob wir einem amüsanten Federballspiel zuschauten — gerade im richtigen
Abstand, um alles genau zu sehen und doch nicht getroffen oder betroffen zu
werden."

In jüngster Zeit ist vom gleichen Verfasser eine Bild-Biographie über Hebel
erschienen.

Georg Hirtsiefer, Ordnung und Recht in der Dichtung Johann Peter Hebels.
H. Bouvier & Co., Bonn 1968.

Es ist eine sowohl betrübliche als auch tröstliche Feststellung, daß die ernst zu
nehmenden Beiträge zu Hebel eher aus fachfremden Disziplinen als aus germanistischen
Kreisen stammen. Sowohl wegen ihres Inhalts, als auch wegen ihrer völlig
klaren Darstellung, die auf die Errichtung modischer Sprachbarrieren verzichtet,
ist die vorliegende Arbeit zur Lektüre zu empfehlen. Sie geht aus der Einsicht hervor
, daß jede Welt, sofern sie Kosmos ist, auf Recht und Gesetz gegründet sein
muß. Deshalb müsse auch im Werk Hebels, der eine derart gerundete Welt geschaffen
habe, ein immanentes System des Rechts zu finden sein, auch wenn sich der
Dichter nie ernsthaft mit Jurisprudenz befaßt habe. In drei „Abschnitten" untersucht
Hirtsiefer „Ordnung und Recht als Thema der Dichtung Hebels", „Die Weltordnung
" und „Die Ordnung des Menschen". Dabei wird deutlich, wie Hebel jede
Einzelheit im Hinblick auf ein Ganzes sieht. So steht der Mensch nicht absolut in
der Welt, sondern als integriertes Glied, das dem gleichen Gesetz untersteht, welches
die Ordnung des Alls erhält. Aus dieser Stellung resultiert für den Einzelnen
das Gebot der Treue gegen sich selbst, d. h. die Annahme der zugewiesenen Rolle,
sowohl innerhalb des Weltganzen, als auch innerhalb der Gemeinschaft der Menschen
. Da die Gemeinschaft größer ist als der Einzelne, empfängt er auch von ihr
die Normen seines Verhaltens. Der Mensch wird jedoch vom Umfassenden nicht
nur gelenkt, sondern er wirkt seinerseits auf das Ganze ein. Die Taten seiner

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