Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
35.1973, Heft 3/4.1973
Seite: 128
(PDF, 22 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1973-03-04/0022
decken wollen, und daher gerade jenen Fleck besetzen lassen, wo der Rhein und Frankreich
decken, und wo Kanonenkugeln und selbst Flintenkugeln bei einem Angriff von Norden
und Ost entweder das französische oder das schweizerische Gebiet hätten verletzen
müssen. Man hätte so einen Krieg mit dem Ausland zu provozieren gesucht, weil man
sich nicht stark genug fühlte, mit eigener Kraft das Begonnene zu realisieren. Der Fehler
scheint darin zu liegen, daß man badischer Seits den genannten Punkt nicht zeitig genug
mit einer hinlänglichen Mannschaft besetzte. Konnte doch die schwache Gränzwacht acht
Tage vor Lommel schon einmal durch den abenteuerlichen Becker aufgehoben werden.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß, wenn die Herwegh'schen Schaaren um einen
Tag früher sich hätten an den Rhein zurückziehen können, dann der vereinigte Haufe in
seiner so günstigen Stellung den Kampf gegen die anziehenden Truppen gewagt hätte, wobei
der gefürchtete Fall um so leichter eingetreten seyn würde, als sich notorisch
Franzosen vom Zivil- und Militärstand im guten Einvernehmen mit den Aufrührern befanden
. Dies hatte übrigens nur privaten Charakter, denn die französische Regierung ist
bekanntlich auf den Hilferuf der deutschen Demokraten, wie oft und dringend er auch
wiederholt wurde, nicht eingegangen. (Freiburger Zeitg. v. 3. Mai 1848)

7. Das weitere Leben von Georg und Emma Herwegh.

Vom weiteren Leben Georg Herweghs ist für unseren Zusammenhang nicht
mehr viel zu berichten. Literarische oder politische Bedeutung hat er nicht mehr
gewonnen. Er lebte, meist in Zürich, ziemlich zurückgezogen, mit Studien in seiner
umfangreichen Bibliothek beschäftigt. Versuche, ihm eine Professur in Zürich oder
Neapel zu verschaffen, schlugen fehl. Mit überscharfen Kritiken schuf er sich
zudem viele Feinde.

Zu einem internationalen Skandal wurde es für Herwegh, daß er sich in
Natalie, die Frau seines intimsten Freundes, des russischen Emigranten Alexander
Iwanowitsch Herzen*) unsterblich verliebte und sie sich ihm hingab. Herzen
war darüber zu Tode getroffen, wollte Herwegh ermorden und machte dann
in Rundschreiben an seine politischen Freunde in allen Ländern gegen seinen Todfeind
mobil, bis die zarte Natalie aus tiefem Herzenskummer 1853 starb. Emma
verhielt sich großartig und kehrte nach eingehender Aussprache zu Herwegh
zurück.

Bemerkenswert ist noch Herweghs Freundschaft zu Ferdinand Lassalle2), der
ihn 1863 zum Bevollmächtigten des von ihm gegründeten „Allgemeinen Deutschen
Arbeiter-Vereins" in der Schweiz ernannte. Für diesen dichtete Herwegh das
„Bundeslied", aus dem die eine mitreißende Strophe weltbekannt wurde:

„Mann der Arbeit aufgewacht
Und erkenne deine Macht!
Alle Räder stehen still,
wenn dein starker Arm es will".

Aber schon 1864 stirbt Lassalle an den Folgen eines Duells. Das Vermögen,
das Frau Emma in die Ehe mitgebracht hatte, war längst aufgebraucht. Nur kümmerlich
konnte sich die Familie Herwegh (mit 3 Kindern) über Wasser halten,
stets von Schulden bedrängt. Die geringen Honorare aus der Mitarbeit bei Zeitungen
reichten nicht aus. Auch Emma half tapfer und klaglos, durch Übersetzungen
aus der italienischen Sprache (darunter die Memoiren Garibaldis) mitzuverdienen.

Als 1865 die Amnestie für die Revolutionsführer von 1848/49 ausgesprochen
wurde, kehrte Herwegh im Januar 1866 nach Deutschland zurück und ließ sich
in einer Dachwohnung in Baden-Baden nieder, während Emma den Züricher
Haushalt auflöste und die große Bibliothek, auf die Herwegh so stolz gewesen
war, und anderen Hausrat versteigern mußte, um nur die Schulden bezahlen zu
können.

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