http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1973-03-04/0023
Georg Herwegh
(Altersbild in Baden-Baden)
Auch in Baden-Baden lebten die Herweghs kümmerlich. Der Dichter hielt sich
von allem fern. Das Bismarckreich und alles Preußische haßte er zutiefst. Keine
Einladung zu einer öffentlichen Feier nahm er mehr an, weil dabei immer auch
Mächten gehuldigt werde, die er verabscheute. Harte Worte rief er nach dem
70er-Krieg den Deutschen zu:
„Du bist im ruhmgekrönten Morden
das erste Land der Welt geworden:
Germania, mir graut vor dir!"
So wollte auch das offizielle Deutschland nichts mehr von ihm wissen; man
warf ihm vor, die Verbindung mit seinem Volk verloren zu haben. Nur die
(durch das Sozialistengesetz verfolgten) sozialdemokratischen Arbeiter hielten noch
zu ihm.
Am 7. April 1875, erst 58 Jahre alt, ist Georg Herwegh in bitterer Armut
gestorben. Seinem (oder Emmas?) Wunsche entsprechend wurde er in Liestal, der
Hauptstadt des Kantons Basel-Land, wo er das Bürgerrecht besaß, begraben.
Emma brachte nicht einmal das Geld für einen Grabstein auf. Erst 1884 wurde
dem einst gefeierten Dichter durch Sammlung unter den sozialdemokratischen
Arbeitern in der Schweiz ein kleines Denkmal gesetzt, das aber mit der Zeit
verfiel.
Emma Herwegh lebte fortan in Paris und versuchte, zusammen mit ihrem
Sohn Marcel, mit wenig Glück noch Werke ihres Mannes herauszugeben. In
Deutschland wurden sie verboten und totgeschwiegen. In Armut starb auch sie
(am 24. März 1904), 87 Jahre alt, und wurde neben ihrem Manne beigesetzt.
Noch im gleichen Jahr, am 16. Oktober, wurde durch neue Sammlungen Georg
Herwegh ein neues würdiges Denkmal auf seinem Grabe gesetzt. Und 1946 kam
in Liestal als Mittelpunkt des „Dichter-Museums" ein „Herwegh-Archiv"3 zu-
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