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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
35.1973, Heft 3/4.1973
Seite: 132
(PDF, 22 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1973-03-04/0026
In den 48er Jahren wurde der politisch aufgeschlossene Mann von der Volksbewegung
, vom Geist und von der Haltung seines Vaters und den vielen Gesinnungsfreunden
im Land, den neuen Ideen und großen Erwartungen ergriffen
und trat, zunächst bedachtsam und die Feuergeister mahnend, öffentlich für das
ideale Streben nach Freiheit im Geiste und öffentlichen Leben in einem besseren
und größeren Reiche ein, als „Mann mit nationalem Empfinden und echtliberaler
Gesinnung, denen er zeitlebens treu und aufrecht ergeben" blieb. Das Vertrauen
seiner Oberländer hatte die nach dem Mißerfolg der 48/49er Jahre bitteren Nachwirkungen
versöhnlich gutgemacht und den aufrechten Mann im Jahre 1856 als
Vertreter des Kreises Lörrach in den Landtag gewählt, nachdem er zuvor, 1852,
schon im Dorfe für 14 Jahre in den Gemeinderat berufen worden ist. Im Jahre
1869 wurde der 48er „Revolutionär" für seine Verdienste um Volk und Staat
als „Ritter des Zähringer Löwenordens" ausgezeichnet und 1870 von der Regierung
als Hauptmann an die Spitze der „Rheinwehr" im nahen Abschnitt gestellt,
wo er begeistert und dankbar in Wort und Schrift die langersehnte Einigung der
deutschen Stämme im „Reich" pries.

Ein Nachspiel erlebte allerdings der hauptsächlich von den Wahlmännern in
Lörrach, Haltingen, Weil, Efringen und Steinen gekürten „Vollblut-Republikaner"
bei der Eröffnung der Kammer, beim Mittagessen, zur Cour am Hof in Karlsruhe
. Als seine Vorstellung in der Reihe beim Großherzog fällig war, wurde auch
Rottra nach der üblichen Reverenz dem Fürsten als der Abgeordnete von Lörrach
vorgestellt. Der Hohe Herr maß ihn mit strengen Blicken vom Kopf bis zu den
Füßen, drehte sich um und ging weiter, ohne ihn eines Grußwortes zu würdigen.
Die Antwort war eines echten Markgräflers der „alten Schule" würdig: Er ging
als einziger nicht zum fürstlichen Mahle, sondern dinierte allein im Darmstädter
Hof.

Hier folgt nun als eindrucksvollster Teil seines Tagebuches im Wortlaut sein
Erlebnisbericht vom Treffen des Oberländer Zuges mit badischen und hessischen
Truppen unter General Hoffmann, gegenüber zwei Bataillonen Infanterie, einer
Schwadron Dragoner und vier Geschützen, vom unvermeidlich traurigen Ausgang
und seiner abenteuerlichen Heimkehr. (Schü.)

1. Vorgänge und Verhältnisse vor 1848.

Die Jahre 1848 und 1849 bildeten einen verhängnisvollen Abschnitt in meinem
Leben. Um aber denselben richtig zu illustrieren, muß ich schon etwas weiter
ausholen, wenn ich die damaligen politischen Anschauungen und die Denkungs-
weise zeichnen soll. Von der Regierungszeit des Großherzog Ludwig weiß ich
natürlich nichts aus eigener Erfahrung zu sagen, nur was ich von meinem Vater
und anderen hörte, und das war nicht zu seinen Gunsten, in reiferen Jahren fiel
mein eigenes Urteil dann noch viel ungünstiger aus, ein älterer Freund sagte mir
einst, wenn man zu Ludwigs Zeiten ein Dach über Karlsruhe gemacht hätte, so
wäre ganz Karlsruhe ein großes Hurenhaus gewesen. Das entspricht so etwa dem
Leben Ludwigs, der nur Sinn und Interesse für Soldaten und Maitressen hatte,
daneben unumschränkt leben und sich nicht durch verfassungsmäßige Einrichtungen
binden lassen wollte. Hat er doch für den Landtag, der im Jahre 1825 gewählt
wurde, seinen Amtmännern befohlen, daß man ihm Leute schickte, die zu
dem was er haben wolle, ja sagen. Und das wurde in vielen Bezirken getreulich
befolgt. Der Bezirk Lörrach war z.B. seit dem Bestehen der Verfassung durch
den damaligen Oberbürgermeister Grether von Lörrach, einen ehrenhaften und
freisinnigen Mann vertreten. - Der mußte für die Periode 1825 einem obscuren
Menschen, dem damaligen Vogt Sulzer von Binzen, weichen, einem Mann, der
auch nicht die Spur von politischer Bildung, nicht einmal von politischen Begriffen
hatte, und der sich von der Bureaukratie vollständig ins Schlepptau nehmen ließ.

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