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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
35.1973, Heft 3/4.1973
Seite: 134
(PDF, 22 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1973-03-04/0028
In der badischen Kammer traten eine Reihe von hochbegabten Deputirten
auf, die meist großdeutsche Politik trieben, so zuerst von Rotteck, Welker, und
von Itzstein — und bildeten gewissermaßen für ganz Deutschland die Vorkämpfer
einer freiheitlichen Richtung. Wie man überhaupt im übrigen Deutschland
das kleine Badenerländchen den Musterstaat hieß. Ihnen gesellte sich eine große
Schar gleichgesinnter Männer, zum Theil bedeutende Redner wie Baader, Zittel,
Bassermann, Riedeschwender und andere zu und in den vierziger Jahren noch
Brentano, Hecker und Struve. — Es kam das Frankfurter Parlament mit dem
Reichsvorsteher Erzherzog Johann von Österreich — die Reichsverfassung, die
Errichtung der Bürgerwehren in Baden und auch theilweise in anderen Staaten.
Überall ertönte der Ruf nach einem großen Deutschland. Gegen die Einführung
der Reichsverfassung verhielten sich Preußen und Österreich ablehnend. Während
dem hatten sich im Auslande, in der Schweiz und in Frankreich, größere Frei-
scharen-Corps gebildet, die jeden Augenblick bereit waren loszuschlagen, für ein
Deutschland, sey es als Monarchie mit dem Kaiser an der Spitze oder als Republik
. Vorher schon hatte die Verjagung der orleanischen Regierung in Frankreich,
an deren Stelle die 2. Republik trat, so wie der Sonderbundkrieg in der Schweiz,
die Gemüther längs der Grenzen in fortwährender Aufregung erhalten. Dann
hieß es in dem Vorparlament in Frankfurt, uns werde die deutsche Republik
proklamiert werden. Dort stieß Hecker auf größeren Widerstand und unruhig
und heißblüthig, wie er immer war, verließ er Frankfurt anfangs April und
begab sich in den Seekreis, wo er rasch eine größere Freischaren-Colonne um sich
versammelte, um mit derselben, von Orth zu Orth größer anwachsend, an einem
geeigneten Orthe die deutsche Republik zu proklamieren. So kam er mit Weisshaar
von Lottstetten an einem Carfreitag morgen nach Kandern; dort wurde er erwartet
von einer größeren Abtheilung hessischer und badischer Truppen unter
Führung Gagerns.

£5 geht los! — Gefecht auf der Scheideck.

Wir hatten in Kirchen und auch in anderen Orthen überall Sicherheits-Wachen
organisiert. — In Kirchen war ich deren Chef. — Da meldete mir der Posten,
der auf der Britsche stationiert war, daß heute nacht auf der Kaltenherberg
mehrere hundert Hessen übernachtet hätten, und daß man in der Richtung nach
Kandern starkes Gewehrfeuer und auch Kanonendonner höre.

Ich ließ sofort mein Pferd satteln, um mich zu erkundigen, was an der Sache
sey. — Mein Nachbar, Zimmermann Spielmann, stand gerade unter seiner Thüre
und rief mir zu: „In so thenigen (— lauten) Zeiten soll man immer umhängen."
Ich war schon im Begriff, noch meinen Säbel zu holen und umzuschnallen, als
mein Vater dazukam und mich dringend bat, den Säbel wenigstens daheim zu
lassen, am liebsten aber gar nicht fortzugehen. — In ersterem Punkt folgte ich
meinem Vater zu meinem Glück, in letzterem jedoch nicht. Ich war festtäglich
angezogen im Frack, hatte jedoch statt des Seidenhutes mein Bürgerwehr-Käppe
(ein schwarzes Wachstuchkäppi mit carmoisinrother Einfassung am unteren Rande,
und einer deutschen Cocarde vorn auf) auf dem Kopf, und so ritt ich im scharfen
Trab auf die Britsche und von da nach Kaltenherberg. — Der Wirth sagte mir,
daß etwa 200 Hessen bei ihm übernachtet seyn, resp. bivakirt hätten, das Gros
in Hertingen. Ich empfahl mich sofort und ritt über Tannenkirch nach Liel und
Kandern. — Auf der Höhe von Tannenkirch fragte ich einen Bauern, wo das
Gefecht stattgefunden hätte, „Er wisse das nicht, aber wenn sie nur alle todt-
geschossen hätten, dann wäre es schon recht." „Ja, wen meint Ihr, daß man hätte
todtschießen sollen?" — „Die Freischärler!" war die Antwort, und meine Gegenantwort
: — ein kräftiger Hieb mit meiner Reitpeitsche quer übers Gesicht. —
Ein lauter Schrei und ein Fluch folgten mir. Wahrscheinlich war es ein Lieler

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