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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
35.1973, Heft 3/4.1973
Seite: 140
(PDF, 22 MB)
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wollen wir sehen, wer bei der Spritze ist und wer nicht." Denn es hieß bei den
anderen immer: „Wir stehen mit Gut und Blut für unsere Sache, die republikanische
, ein." Doch um eine Republik zu gründen, muß man auch Republikaner
haben. Wie wenig republikanisch die ganze Struve'sche Freiheits-Armee war, hat
der erste Zusammenstoß bei Staufen bewiesen, wo beim ersten Kanonenschuß die
Hälfte davon gelaufen ist. Ich hatte ihnen oft gesagt: „Laßt mir doch die Republik
aus dem Spiele, Kaiser und Reich, soll unsere Devise sein, die Republik kann
später kommen."

„Also gut, mein liebes Weib, hilf mir, mich fertig zu equipiren." Und sie half
mir die halbe Nacht getreulich, Kugeln zu gießen, 70 Stück, und packte meinen
Tornister mit dem Nöthigen. Der Vater gab mir einen älteren Knecht mit, der
12 Jahre Soldat war und gewissermaßen mein Diener sein sollte. Der Bürgermeister
von Kirchen kam am Morgen und übergab mir 200 fl. aus der Gemeindekasse
, damit ich im Falle der Noth für das Kirchener Fähnlein sorge. So ausgerüstet
erwartete ich das Weitere.

Am anderen Morgen marschirten ca. 200 Mann von Inzlingen und Umgegend
unter „General" Spehn ins Dorf. Spehn war schon ein älterer Mann, etwas gebückt,
mit Heckerhut — geziert mit mächtigen Hahnenfedern — auf dem Kopf und
mit einem gottsträflichen Schleifsäbel.

Scherzweise nannte man ihn General; dann noch ein Commissär, ein ehemaliger
Schreiber auf der Obereinnehmerei oder sonstwo, der ließ die Kirchener Bürgerwehr
antreten, etwa 60 Mann, und ernannte mich zum Hauptmann. Ich dankte
für diese Auszeichnung, nahm aber die Stellung nicht an, und entschuldigte mich
wegen Unkenntnis in militärischen Dingen, und schlug dagegen meinen Nebenmann
, Johannes Knobloch, vor, einen alten Dragoner und Knecht bei Metzger
Bürgin. Die wenigsten waren bewaffnet oder nur schlecht, man sagte ihnen, sie
erhielten in Freiburg Waffen, wenn es überhaupt nöthig sey. Im allgemeinen
war man der Ansicht, daß man keine Waffen brauche.

Ich theilte zwar diese Anschauung nicht und hatte mich deshalb richtig bewaffnet
und ausgerüstet. Ein neuer, gezogener Kugelstutzer mit aufzupflanzendem
Jatagan, der als Seitengewehr getragen wurde, und zwei Pistolen im Gürtel,
35 Kugeln in der Kugeltasche und ebensoviel im Tornister. Ein tüchtiges Horn
voll Pulver und noch etwa ein Pfund im Tornister. — Doppelte Fußbekleidung,
zwei Hemden, zwei Schnupftücher, ein Paar Socken, ein Paar Hosen und eine
Bürste.

So ausgerüstet, nahm ich Abschied von Frau und Kind und von meinen Eltern.
Beim letzten Abschiedwinken stahl sich doch noch eine Träne aus den Augen
meiner lieben Frau, die unser anderthalbjähriges Töchterlein an der Hand hielt.
Es wollte ihr doch bedünken, daß die Sache nicht ganz gefahrlos sey, wie ich ihr
es darstellte, denn sonst würde ich mich nicht so stark bewaffnet haben. Fort
ging's nach Efringen über Welmlingen, Hertingen, überall stießen die Aufgebote
aus den Dörfern zu uns, und so kamen wir, schon ein ansehnlicher Haufen,
nach Schliengen. Dort erhielten wir Mittagessen bei den Bürgern und wurden
auch einquartiert.

Der Oberknecht des Grafen Andlaw, der mich kannte, trat auf mich zu und
sagte mir, „ich habe ein Billet für 20 Mann." „20 Mann vom rechten Flügel,
marsch!" Mit Trommelschlag wurde im Andlaw'schen Hof eingezogen, wo wir
brillant bewirthet wurden. Nachmittags ging's nach Müllheim unter Trommelschlag
. Es war schon etwas dunkel, als wir einmarschirten, wieder unter Trommelschlag
und die Marseillaise singend. Es war ein Leben wie etwa nach einer
gewonnenen Schlacht, bis tief in die Nacht hinein.

Am anderen Morgen rief schon um vier Uhr der Generalmarsch uns auf die
Beine. Es mögen etwa 8000 Mann gewesen sein — während der Nacht haben
sich viele französisch empfohlen und sind wieder heimgegangen zu Muttern, —
namentlich die keine Waffen hatten. Um 5 Uhr wurde abmarschirt. Es war ein

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