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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
35.1973, Heft 3/4.1973
Seite: 152
(PDF, 22 MB)
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unter Hecker's Anführung ihm abgenommen worden seyen, ließ Bornstedt zwei seiner
Freischärler vor den Augen des Försters die Gewehre laden, ließ diese Leibgarde im Hausgang
stehen, und lud nun Hrn. v. Schweikhardt ein, mit ihm in das Zimmer zu gehen, wo
dann Bornstedt eine Schreibtafel herauszog, darin nachlas, und sagte: „Sie haben drei Gewehre
und Pistolen unsern Kameraden bereits abgegeben, Sie müssen aber noch 4 weitere
Stücke besitzen!" Gegen solches Auftreten half kein Protestiren, und die 4 noch vorhandenen
Gewehre nahm Bornstedt selbst aus dem Gewehrschranke, worauf er sich unter den
besten Empfehlungen entfernte.

Bornstedt selbst wurde nach dem Treffen von Dossenbach, am folgenden Morgen, im
Walde, ungefähr IV2 Stunde Wegs vom Kampfplatz entfernt, durch die herumstreifenden
würtembergischen Patrouillen, auf einem abgehauenen Baume sitzend, während er sein
Frühstück verzehrte, in Gesellschaft von drei andern Freischärlern ergriffen. Beim Anblick
der Soldaten ergriff er schnell seine neben ihm auf dem Boden liegende Flinte, und wollte
sich vertheidigen; aber dem raschen Handeln und Eingreifen des Militärs mußte er, wie
seine Begleiter, sogleich unterliegen. Bornstedt schien übrigens noch der einzige der Führer
zu seyn, welcher bei den deutschen Arbeitern Achtung genoß, da er wenigstens das Schicksal
der Gefangenschaft standhaft mit ihnen theilen wollte, und sich nicht, wie Struve,
Hecker, Sigl, und Herwegh, noch während des Gefechtes durch die Flucht entfernte.

Frau Herwegh erschien einigemal in Männertracht, und zwar in spanischem Kostüm
von blauem Sammt, mit weiten Beinkleidern, hohen Stulpstiefeln, und weißem Schlapphut
; natürlich fehlten hierbei nicht die Pistolen im ledernen Gürtel. Diese Amazone
drückte ihren Unmuth über die gut getroffenen militärischen Maßregeln und über die erprobte
Treue der Soldaten, deren Eid und Religion ihnen heilig und kein leerer Wahn ist,
bei verschiedenen öffentlich gehaltenen Reden heftig aus, bis sie zuletzt, mit ihrer Rede-
und Verführungskunst scheiternd, ebenfalls die Flucht ergriff.

Mit Freuden vernahm man bei uns, daß Hauptmann Lippe bereits den würtembergischen
Militär-Verdienstorden für seine muthige Haltung bei Dossenbach erhielt, woselbst
er mit einer Kompagnie Würtemberger, denen später noch ein Zug Infanterie unter Oberleutnant
Karl zu Hilfe kam, die ihm vierfach überlegenen Freischärler, welche überdies
im Walde trefflich postirt waren, gänzlich aufrieb und zersprengte, und dabei, persönlich
mit dem Führer der Freischaaren, Schimmelpfennig, im Kampfe begriffen, zwar an der
Hand bedeutend verwundet wurde, aber gleich bei dem ersten Zusammenstoß auch dem
Gegner das linke Ohr abhieb, welcher sodann, von den nahestehenden Soldaten mit dem
Bajonette in Kopf und Brust durchbohrt, todt zu Boden sank.

Ich sah Franzosen in der Nationalgarde-Uniform unter den Gefangenen, welche, mit
der Bluse bekleidet und mit der Jakobinermütze auf dem Haupt, ein sonderbares Bild
darstellten, und selbst auf dem Marsche ins Gefängniß heiter und lustig ihre Marsaillaise
sangen.

Die Ruhe scheint jetzt wiederkehren zu wollen; möge sie lange dauern, und der Segen
des Himmels, wie er jetzt auf Fluren und in den Weinberger allenthalben prangt, nicht
unter dem blutigen Schwert eines Bürgerkrieges zu Grunde gehen!

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