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Bestellung des Kriegsgerichts 3. August 1849
Nachdem der frühere preußische Unteroffizier Maximilian Dortu durdi ein
preuß. Standgericht am 11.7. in Freiburg zum Tode verurteilt und am 31.7.
„in der Nähe des Kirchhofes von Wiehre" standrechtlich erschossen worden war,
hat der groß. bad. Kriegsminister A. v. Roggenbach mit Bekanntmachung vom
3. 8. 49 — also 1 Monat nach der Festnahme Neffs in Breisach — zur Aburteilung
der vor das Standgericht gewiesenen Straffälle in Freiburg ein außerordentliches
Kriegsgericht bestellt und besetzt. Das Gericht war für den Bezirk des Oberrhein-
und Seekreises ausschließlich für badische Staatsangehörige zuständig.
Vorsitzender, Stellvertreter und Gerichtsmitglieder sind Angehörige der preußischen
Okkupationsarmee. Als Vorsitzender fungiert Major v. Gillern, Kommandeur
des 8. preuß. Jäger-Bataillons.
Ankläger sind der bad. Hofgerichts-Assessor Lacoste und bad. Amts-Assessor
Schmidt. Als Untersuchungsbeamte werden der bad. Amts-Assessor Bachelin und
Auditoratsverweser v. Göler eingesetzt. Das Richtergremium besteht danach nur
aus preußischen Militärpersonen, während die übrigen Gerichtsbeamten badische
Zivilisten sind. Der Untersuchungsbeamte hat ein kurzes Vorverhör mit dem
Angeklagten sowie mit den von ihm angeführten Entlastungszeugen und den
vom Ankläger benannten Zeugen vorzunehmen. Sodann muß der Angeklagte zur
Wahl eines Verteidigers aufgefordert werden. In der Verhandlung begründet
der Ankläger die Anklage und stellt den Antrag auf Todesstrafe oder bei minderer
Beteiligung auf zehnjähriges Zuchthaus. Anschließend hört der Untersuchungsbeamte
den Angeklagten über die ihm angeschuldigten Tatsachen. Dem Verteidiger
ist das Wort, so oft er es verlangt, zu gestatten, doch sind ihm Ausfälle und
ungehörige Abschweifungen zu untersagen. Es folgt nun das Zeugenverhör. Zum
Schluß des Verhörs, bei dem auf den Beweis des Tatbestandes, der Täterschaft
und Zurechnungsfähigkeit des Täters sowie der vorhandenen Milderungs- und
Erschwerungsgründe die Hauptrücksicht zu nehmen ist, äußert sich der Ankläger
noch einmal über das Ergebnis der Verhandlung und kann hiernach seinen Antrag
wiederholen, zurücknehmen oder abändern. Das letzte Wort wird dem Angeklagten
beziehungsweise seinem Verteidiger eingeräumt. Nun folgt die Beratung und
Abstimmung des Kriegsgerichts.
Sofern das Urteil auf Tod lautet, ist es innerhalb 24 Stunden, auf Betreiben
des Vorsitzenden sofort, durch Erschießen des Verurteilten zu vollziehen, wenn
nicht das Kriegsministerium sich die Prüfung und Genehmigung desselben vorbehalten
hat.
Der Prozeß am 8. August 1849
Nach der Überführung von Breisach nach Freiburg wurde Neff in die Karlskaserne
am Siegesdenkmal verbracht und zusammen mit Freischärlern aus Inz-
lingen gefangen gehalten. Am 5. 8. kam er in eine Einzel-Arrestzelle in der
gleichen Kaserne und wurde von 2 Soldaten, die sich mit ihm in der Zelle aufhalten
mußten, bewacht. Seiner Mutter, Anna Maria, geb. Scherer, die schon mit
43 Jahren ihren Mann, den Küfermeister und Bürgermeister Johann Jakob Friedrich
Neff verloren hatte, wurde das Wiedersehen mit ihrem einzigen Sohn in
Freiburg brüsk verwehrt.
Inzwischen hat auch das außerordentliche Kriegsgericht in Rastatt seine Tätigkeit
aufgenommen. Als erster der vielen Revolutionäre, die in den Kasematten
von Rastatt gefangen gehalten wurden und ihrer Aburteilung entgegensahen,
wurde der frühere „Kriegsminister-Stellvertreter" und Herausgeber des Rastatter
„Festungsboten" Elsenhans zum Tode verurteilt und in den frühen Morgenstunden
des 7. 8. in den Festungsgräben von Rastatt von einem preußischen Peloton
erschossen.
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