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Landeskinder zu den Sammelstellen nach Offenburg und Speyer empfohlen, tue
also nichts gegen den fürstl. Landesbefehl. Auch der preußische Obrist Müller versuchte
, für seinen König ein „Schweizer-Regiment" am Grenzacher Hörnli zu werben
und wies dabei auf andere genehmigte Werbeplätze an mehreren Orten im
Oberland.
Das üble Geschäft an der Grenze blühte also und rechnete vor allem mit dem
Zuzug von Schweizern und Deserteuren. Die kriegführenden Mächte und Majestäten
brauchten Soldaten, verkauften aber auch Regimenter, wenn sie selbst keine
Verwendung hatten, an England und Frankreich4).
Baden-Durlach hatte sich mit Frankreich und Österreich auf Gegenseitigkeit
vereinbart, keine „Ausreißer", Deserteure, anzuwerben; doch das hinderte den
Werber für das Ziethische Regiment nicht, französische und K.u. K. Ausreißer aus
dem tirolischen Feldregiment zu Freiburg zu dingen. Auch als die erbetene Werbestelle
für den französischen Offizier vom Regiment Suedons in Weil oder Grenzach
abgelehnt wurde, meinte Frankreich, das sei eine unerhörte Zumutung für die
„französische Majestät". Dem in Lörrach stehenden französischen Werbeleutnant
wurde 1759 untersagt, Bartie Vögele von Obereggenen, nur 5 Schuh und 2 Zoll
groß5) und ohne Vermögen, anzuwerben; der willige Untertan könne noch im
kommenden Winter in die Reichsarmee eintreten, sei deshalb „bei der Hand" zu
halten und im Frühjahr mit anderen Truppen aus dem Oberland nach Karlsruhe
zu geleiten.
Der Röttier Landvogt von Wallbrunn in Lörrach wunderte sich über das
Verbot der Ab Werbung für fremde Dienste, wo doch noch im Jahre 1766 „Edelknaben
und andere getreue Landeskinder, wie der Auditor Menzer, die Söhne des
Hofrats Süß und des Forstverwesers Bischof ihre Beförderung bei den Regimentern
von Brempt und Ziethen" gefunden hätten. Nach dem Gutachten des Landvogts
gewährte sodann der Markgraf „mit Vergnügen" wieder die Öffnung der Werbestellen
im „Posthörnli" zu Grenzach und zu Eimeidingen für die beiden Piemont'-
schen Regimenter, welche durch den Fähnrich Bischof mit Erfolg betrieben wurde.
Allein vom März bis August 1767 wurden durch die Annahme von österreichischen
Untertanen und „derley Deserteuren" schon gegen 18 Transporte von 15 und mehr
Rekruten über den Rhein abgeführt, worüber sich dann die Konkurrenz der österr.
Werbestelle des Hauptmann Graf von Huldenburg in Freiburg heftig beschwerte.
Mochten sich auch die beiden Wirte in Grenzach und Eimeidingen mit der Zeit
gegen das ungewöhnliche Werbewesen in ihrer Wirtsstube wehren, sie wurden
immer wieder durch das Kammerdekret vom 5. X. 1767 zur Duldung gezwungen.
In Eimeidingen waren die Offiziere wenig erfolgreich, deswegen wurden die beiden
Stellen für die beiden sard. Regimenter „Royal Allemand" unter Ziethen in
Grenzach zusammengelegt und mit Empfehlung des Landvogts von Wallbrunn
vom badischen Werbeoffizier Krieg betrieben. Auch dem neuen königl. sard. General
von Leutrum gewährte der Markgraf wie dem Vorgänger von Ziethen weiterhin
die Werbung für sein Regiment, welche in Grenzach von 1 Sergeant, 1 Unterleutnant
und 2 Mann unter dem Werbeoffizier Scholer von Hüningen, des Maire's
von Neudorf Sohn, besetzt war. Als die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen
Österreich und Sardinien gegenüber Frankreich begannen, kündigte General
von Lichtenberg den Grenzacher Werbeplatz für Scholer, der eben noch einen
Rekrutentransport nach Turin bereitgestellt hatte; zuvor schon hatte der Landvogt
von Reitzenstein dem Offizier empfohlen, seinen Werbeplatz in österr. Gebiet zu
verlegen. So war es dem Hauptmann nicht mehr möglich, das gewünschte Kontingent
für die beiden Companien Eisenlohr und Hartmann des Rgt. „Royal Allemand
" zu besorgen, von Greifenegg seine k. u. k. Werbung ins vorderösterr. Wyhlen
und der Graf von Artois nach Schliengen und Bamlach, wo sich derzeit (1794)
besonders Leute (Emigranten) aus dem Elsaß aufhielten, zu verlegen.
Damit endete auch das öffentlich gebilligte, zwielichtige Spiel in den Wirtsstuben
an der Grenze, wurde aber im Verborgenen bis vor dem ersten Weltkrieg
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