http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1974-01-02/0009
sehen fleißig, so daß der Spruch umgehen konnte: Wenn der Markgrafler zehn
Jahre Frieden hält, zieht er mit silbernem Pflug ins Feld! Unter der Bevölkerung
Basels stammten viele gute Bürger aus dem Markgräflerlande: Sie arbeiteten als
Handwerker und Geschäftsleute in der Stadt, erwarben Vermögen und Bürgerrecht
, ohne zu vergessen, woher sie stammten.
Im 14. Jahrhundert zog, um ein Beispiel zu nennen, ein Stickelberger aus dem
Markgräfler Dorfe Haltingen nach Basel, wurde dort seßhaft, Bürger, und heute
noch blüht die Nachkommenschaft dieses Markgräflers in einer hervorragenden
Basler Familie, der auch der bekannte Dichter Emanuel Stickelberger angehört, und
in Haltingen leben noch heute Sprößlinge desselben Geschlechtes.
Was dem heutigen Betrachter der alten Geschichte auffällt, ist die Kraft und
Wirkung des rein Menschlichen in den wirtschaftlichen und politischen Wirren der
damaligen Zeiten. Man suchte und ehrte redlich den Frieden; gab es Streit, waren
immer gute Nachbarn, allen voran Basel, bereit, den Streitenden zum Frieden zu
verhelfen.
In Zeiten der Not, wenn Kriege das kleine Land heimsuchten, war die freie
feste Stadt am Rheine die gegebene natürliche Fliehburg der Markgräfler. In allen
Chroniken der Markgräfler Städte und Dörfer finden sich immer wieder die ergreifenden
Berichte von den Menschen, die, vor der Kriegsfurie fliehend, den sicheren
Schutz der wohlverwahrten Stadt suchten. Es war die Sitte, vielleicht Unsitte
dieser schweren Zeiten, daß gerade die führenden Schichten, das Herrscherhaus, die
Vögte, die Geistlichen, die Wohlhabenden, nach Basel auswichen. Man liest in den
Aufzeichnungen des vortrefflichen Pfarrers Gmelin von Auggen, daß er in Basel
schon in Friedenszeiten eine Unterkunft für den Notfall gesichert hatte. Das gemeine
Volk aber stand in solchen schlimmen Zeiten Schlange am Riehentor, durch
das der Markgräfler Weg nach Basel führte. Die Stadt half, so gut sie konnte, und
hat bis auf den heutigen Tag die Markgräfler in freundnachbarlicher Weise betrachtet
und behandelt. So hängen im Basler Rathaus zwei schöne Glasscheiben als
Dank der Stadt Lörrach an die Stadt Basel, gestiftet nach dem Ersten Weltkrieg:
»In schwerer Not gab Basel Brot« — steht auf der einen.
Die politischen Veränderungen im Laufe der Jahrhunderte haben an diesem
guten Verhältnis wenig geändert, auch dann nicht, als sich Basel dem Bund der
Eidgenossen in den Oberdeutschen Landen 1501 anschloß. Die Reformation, im
Markgräflerland etwas später durchgeführt als in Basel, schuf in der verwandten
Glaubensrichtung ein seelisches Band. Und als im Westfälischen Frieden 1648 die
Schweiz sich ganz aus dem Verband des Deutschen Reiches löste, blieben die alten
menschlichen Bande zwischen der Stadt und dem Land am Rheinbogen unzerrissen,
und die Markgrafen fühlten sich gerade in Notzeiten immer als eine Art Bürger
von Basel.
Schon im 14. Jahrhundert erwarb der Markgraf Rudolf von Rötteln ein Haus
in der Augustinergasse und später mehrere andere. Als um die Wende des 16.
Jahrhunderts die Herren von Hochberg-Sausenberg-Rötteln ausstarben und die
badischen Fürsten in Durlach residierten, zogen sie das näher gelegene Straßburg
als Fliehstadt vor. Nach der schweren Niederlage der Evangelischen bei Nörd-
lingen im Dreißigjährigen Kriege floh Friedrich V. zuerst nach Straßburg und erst
dann nach Basel. Dort kaufte er ein Haus am Rheinsprung, das lange Jahre in
seinem Besitz blieb und noch heute »Alter Markgräfler Hof« heißt. Dazu erwarben
die badischen Markgrafen in der neuen Vorstadt von Basel Grundbesitz und
Häuser in großem Umfange, ein Besitztum, das bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts
in ihren Händen blieb.
Die Basler sahen diese fürstlichen Mitbürger gerne in ihren Mauern und suchter.
ihnen den Aufenthalt angenehm zu machen. Die eingeborene Freude der Stadt an
schönen Festen, Aufzügen, Gastmählern konnte sich den Markgrafen gegenüber
voll entfalten. Es heißt in den Aufzeichnungen der Zeit:
»Als Friedrich VI., der Sohn Friedrichs V., 1663 einmal in der befreundeten
7
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1974-01-02/0009