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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
36.1974, Heft 1/2.1974
Seite: 9
(PDF, 24 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1974-01-02/0011
Als der üppigste der badischen Markgrafen, Karl Wilhelm, in Basel seinen Einzug
hielt, erregte das zahlreiche zügellose »Weibsvolk«, das in seinen Kutschen
mitgeführt wurde, den Zorn der sittenstrengen Stadt. Aber doch kam auch dieser
leichtlebige Fürst mit den Baslern im ganzen gut aus.

Die Gründung der Stadt Karlsruhe mitten im Hardwalde zu Anfang des 18.
Jahrhunderts, der nachfolgende Bau eines großen Residenzschlosses in der jungen
Stadt und die allgemeine Beruhigung der europäischen Lage veranlaßte die badischen
Markgrafen, ihren Wohnsitz in Basel aufzugeben und endgültig in ihr
Stammland heimzukehren. Sie wurden Kurfürsten und Großherzöge, führten ihre
Schätze aus dem Markgräfler Hof nach Karlsruhe, verkauften auch gewisse Teile,
so z. B. Gemälde aus der Kunstkammer, wobei die herrlichen Tafeln von Conrad
Witz, ebenbürtig den Van Eycks, damals übersehen und unterschätzt, in Basler
Besitz übergingen und nun zu den wertvollsten Schätzen des Kunstmuseums zählen.

Im Jahre 1818 ging das ganze Gebäude samt den weiten Park- und Gartenanlagen
durch Kauf in den Besitz Basels über: Das Fürstenschloß wurde Bürgerspital
.

Das freundnachbarliche Verhältnis zwischen den badischen Fürsten und den Basler
Bürgern blieb aber auch bestehen, als Baden deutsches Bundesland wurde. Eine
Gestalt wie der »alte Großherzog« Friedrich I. genoß als liberaler, leutseliger Monarch
auch die menschliche Verehrung der Basler Republikaner.

Hatten die badischen Markgrafen in langen Zeitläuften sich Haus- und Grundbesitz
in Basel erworben, so schuf die Gründung des Deutschen Zollvereins 1834
eine neue Entwicklung: Um die Zölle zu vermeiden, ging das Basler Kapital über
die Grenze und schuf in den benachbarten Tälern des Markgräflerlandes große
Industrieanlagen, besonders Spinnereien und Webereien, die heute noch blühen.
Durch diese gewaltige wirtschaftliche Entwicklung entstanden neue menschliche
Beziehungen zwischen den Baslern als Arbeitgebern und den Eingeborenen als
Arbeitnehmern. Viele der Basler Familien wohnten bei ihren Unternehmungen im
Badischen und hatten naturgemäß ihren Einfluß auf das wirtschaftliche und gesellschaftliche
Leben der Städte und Dörfer im Wiesen- und Rheintale.

Auch nach den beiden Weltkriegen, die so tiefe Kluften zwischen den Menschen
aufrissen, fand der gesunde, in sich ruhende Basler Geist bald wieder eine ähnliche
Haltung dem unglücklichen Nachbarn gegenüber wie so oft im Laufe der Jahrhunderte
. Dieses seltene und glückliche Verhältnis hat seine menschliche Gipfelung
und Gestaltung in einem einzigen Manne gefunden, der in seinem Wesen und
Wirken das Beste von der Art der Menschen links und rechts des Rheines am reinsten
verkörpert, in Hebel:

In Basel 1760 geboren als Sohn eines pfälzischen Vaters und einer Markgräfler
Mutter, in Basel und in Hausen, seiner Wiesentäler Heimat, aufgewachsen, stellt
er als Mensch und Dichter das Wesen in der Stadt und der Landschaft am Strome
glücklich und richtig dar. Er wird in der Entwicklung seines Lebens ein Dichter
von Gottes Gnaden, erreicht in Staat und Kirche hohe Ämter und glänzt als ein
Stern am badischen Firmament, aber die Sehnsucht seiner alten Tage bleibt Basel,
die Stadt seiner Jugend, und er möchte gern, wie etwa der Bürger Stickelberger,
an den Nachmittagen in das nahe badische Gebiet hinüber spazieren, um sich an
Natur und Getier, an Land und Leuten zu ergötzen und abends den Weg über die
Brücke wieder heim zu nehmen. Sein Wunschtraum bleibt unerfüllt. Aber die Stadt
Basel ist als Kern und Stern darin gestanden; ihr widmet er das Lied »Z' Basel an
myn Rhy«; ihrer gedenkt er ergriffen und ergreifend in seinem tiefen Gedichte
»Die Vergänglichkeit«, und man fühlt, wie ihm das Herz bebt, wenn er denkt,
Basel könne das gleiche Schicksal haben wie Rötteln. Das Gedicht »Die Marktweiber
in der Stadt« zeigt unübertrefflich gut das Empfinden und die Gedanken
der bäuerlichen Frauen in der vornehmen Stadt.

Hebel gehört den Baslern und den Markgräflern in gleicher Weise an, und sein
reines richtiges Wesen adelt ihre Beziehungen.

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