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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
36.1974, Heft 1/2.1974
Seite: 79
(PDF, 24 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1974-01-02/0081
diejenigen Gemeinden, welche Holzüberfluß haben, anzuweisen, daß sie ihren
Vorrat an das Canderner Werk liefern, um den Untertanen letzten Endes einen
billigen Preis zukommen zu lassen.«

Karlsruhe war weit, Basel nahe, Bargeld rar und das Oberamt in Lörrach
hatte noch keinen Beamtenapparat, der tagtäglich die Straßen nach Fahrzeugen
kontrollierte. »Was soll's?« meinten die schlitzohrigen Wälder, »mir verchaufe unsi
Chohle do ane, wo mr am meischte defür griege, mir dörfe uns numme nit ver-
wütsche lo« und führten ihren Kohl weiter über die Landstraßen entlang der
Wiese in die blühende Stadt am Rheinknie.

Dossenbach, das eine Gehstunde von Schopfheim entfernt liegende altbadische
Dörflein auf dem Dinkelberg, bot mit seiner Gemarkung nicht nur 400 Jahre die
Landesgrenze zwischen Vorderösterreich und der Markgrafschaft, sondern mit seinem
Waldreichtum dem Forstfrevelgericht des 18. Jahrhunderts oftmaligen Grund
zum kräftigen Donnerwetter.

Die ruhige, gemächliche, fast heitere Art des Dinkelbergbewohners im Gegensatz
zum schwerfälligen, eigenwilligen, fast grüblerischen Gemüt des alemannischen
Bruders im Waldland der Belchen- und Köhlgartenwiese kannte beim
Thema »Wald — Holz — Kohl« keinen unterschiedlichen Temperamentsausbruch,
sie waren sich einig: »'s Forschtamt soll uns de Buckel aberutsche!«

Auch in Dossenbachs Waldungen klangen in jener Zeit die Äxte, kreischten die
Sägen, baute man Kohlenmeiler, brannte Kohle, führte sie trotz Verbotes »außer
Landes«, kurioserweise nicht in das katzensprungentfernte österreichische Eisenwerk
Wehr, sondern in das meilenweit wegliegende Basel. Johannes Schönauer,
»der alte Burger und Kohler«, war einer der aktenmäßig erfaßten größten Sünder
, »vielmahlen wurde er vom Forstamt in 10 Reichstaler Strafe genommen,
doch er kümmert sich nicht darum und führt seine Kohle weiter nach Basel zum
Verkauf«.

Die Nachbarn im Norden von Dossenbach, jenseits der Großen Wiese, waren
Jahre zuvor schon schlau geworden, »wurum umständlich, wenn s au eifacher
goht«, stellten das Kohlhandwerk ein und ließen die Forstregistratur darüber
berichten: »Früher wurde in der Tegernauer und Weitenauer Vogtei viel Kohl
gemacht und die Feuerarbeiter hatten genug. In den letzten Jahren fing der Holzpreis
in Basel an zu steigen, jetzt kohlen die Wälder nicht mehr, sondern führen
das Holz gleich nach Basel, ihr Verdienst ist dadurch höher. Die Bauern führen
das Holz bis zu acht Stund weit nach Basel.«

Als 1760 Dossenbach ein markgräfliches Decret erhielt, alle gebrannte Kohle
dem Drahtzug und den Schmieden in Schopfheim zugänglich zu machen, ging
auch dem alten Schönauer samt seinen Mitbewohnern ein Licht auf: »Was die im
chleine Wiesetal chönne, chönne mir au«, sagten dem Kohlenmeiler ein herzliches
Lebewohl, luden ihr Scheiterholz auf Wägen, führten es in natura nach Basel, trafen
unterwegs den Vetter aus dem Waldland, knallten mit der »Geißle« und
grüßten »Guet Holz«.

Den Schmieden im heimischen Lande ging inzwischen die Puste aus. Mahnend
hoben sie den Zeigefinger und schrieben 1762 dem Landesvater: »In der Hufschmiedzunft
Schopfheim befinden sich an die 50 Meister, die meisten haben keinen
Kohl mehr. Der Winter steht vor der Türe, man sollte das Geschirr der Bauern
überholen, dies ist nicht möglich ohne Kohl. Hohe und Niedere im Lande brauchen
uns, die Schmiede, es muß gewiß gar viel verderben, wo kein Schmied mehr sein
kann.«

Die erkenntnisreichen Buchstaben brachten zunächst nicht die erhoffte Wirkung
, die Schmiede Schopfheims gingen in die Höhe, nicht sinnbildlich, sondern
tatsächlich, nicht wutentbrannt, sondern bettelnd.

Gersbach in 900 m Höhe, auf der Wasserscheide zwischen dem Wiesen- und
Wehratal, seit dem Jahre 1400 dem Markgrafen zugehörig, mit großen und ergiebigen
Waldungen, brannte seit alter Zeit Kohle und brannte es noch, als längst

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