Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1974-03-04/0026
Töpfern wäre unter der Bedingung der Verwahrnahme der Haftbarkeit für die
Rückgabe in unbeschädigtem Zustande die leihweise Entnahme von Stücken zur
Benutzung als Vorbild zu gestatten, und werden wir dafür Sorge tragen, daß
nach einiger Zeit durch einen Lehrer der großherzoglichen Kunstgewerbeschule
dafür über die an den Gegenständen zur Anwendung gelangten Techniken Belehrung
erteilt werde." 82)

Wie dem Brief zu entnehmen ist, hatte die Regierung die Lage der Töpfer
richtig erkannt und bemühte sich um eine Neuorientierung des Handwerks zum
Kunsthandwerk.

Zunächst scheinen die Hafner die neuen Anregungen auch dankbar aufgenommen
zu haben. Ein Bericht des Großherzoglichen Amtsvorstandes in Lörrach vom
Jahre 1880 gibt darüber Auskunft:

„Die Hafner geben sich nach und nach zufolge der sehr dankenswerten Veranlassung
von seiten des großherzoglichen Handelsministeriums bzw. der Landesgewerbehalle
, welche Muster zu Gebot stellten und Belehrungen ertheilten mehr
mit der Anfertigung des sog. Majolika-Geschirrs ab und Einzelne haben in Bezug
auf Geschmack und Farbenrand ganz ordentliche Fortschritte gemacht. Da die
Kanderner Hafner wegen ihrer guten Erde für ihr gewöhnliches Geschirr großen
Absatz (besonders nach Basel) und guten Verdienst haben und diesen sicheren
Verdienst durch die — wohl auch nur auf nicht zu lange Zeit Mode bleibende —
neue Majolika-Liebhaberei nicht gefährden lassen wollen, so treiben die letzteren
hauptsächlich nur als Nebenverdienst. Immerhin aber haben die durch die mitgeteilten
Modelle und Belehrungen veranlaßten Bestrebungen einen sicheren nachhaltigen
Erfolg insofern, als sie zugleich Anregung geben, den Geschmack auch
bezüglich der gewöhnlichen Hafnerei (in Farben, Malerei, Formen) besser auszubilden
. Von den 7 Hafnern in Kandern geben sich bereits 6 mit der Anfertigung
von Majolikageschirr ab, und der im letzten Sommer stattgehabte Besuch eines
solchen Hafners durch Ihre königlichen Hoheiten hat den Eifer noch lebhafter
gemacht; einzelne Hafner haben schon 100, 150 und 250 Stück gefertigt. Die
Nachfrage nach solchem Geschirr soll entschieden zunehmen, besonders von Basel
und Mülhausen aus. Der Verdienst ist zur Zeit, da die Hafner noch nicht die
gehörige Fertigkeit besitzen, noch nicht nennenswert im Verhältnis zu Aufwand
und Zeit und Mühe, wird aber immer besser werden. Allerdings sind die einzelnen
Stücke noch gar zu theuer im Preis. Es wird eine Staatsunterstützung durch
Zusendung von neuen Vorlagen aus der Kunstgewerbeschule und durch Belehrungen
von seiten Sachverständiger auch ferner gewünscht und dankbar aufgenommen
." 83)

So positiv die Reaktion der Hafner auf die Bemühungen der Regierung zu
sein scheint, so wollen sie jedoch ihr solides Handwerk nicht durch eine „Majolika-
liebhaberei" gefährden. Sie sind wie schon immer in Kandern für neue Anregungen
aufgeschlossen, wollen jedoch keine grundsätzliche Änderung ihrer bewährten
Hafnerwaren. Dies trifft nicht nur auf ihre Produkte zu, sondern allgemein auf
die gesamte Struktur ihres Handwerks, der Betriebsorganisation und der Herstellungsverfahren
. Versuche der Regierung, die reinen Familienbetriebe in größer
angelegte keramische Werkstätten umzuwandeln, scheiterten sowohl an der fehlenden
Bereitschaft der Hafner als auch vor allem an geldlichen Mitteln, die zur
Gründung eines solchen größeren Betriebs nötig gewesen wären. So blieb es
bei der intensiven Ausbildung weniger junger und aufgeschlossener Hafner, die
an der Kunstgewerbeschule in Karlsruhe sich in mehrwöchigen Kursen weiterbildeten
. Der Brief eines Gutachters des Handelsministeriums gibt Aufschluß über
die Lage des Handwerks im Jahr 1892. „Die in Kandern befindlichen 10 Töpfer
sind durchweg kleinere Meister, die unter einfachsten Verhältnissen und mit
wenigen Hilfskräften ihre für den Markt der Umgebung bestimmte Ware fertigen.
Der meistens größere Theil derselben besteht aus gewöhnlichem Marktgeschirr,
während die Anfertigung kunstgewerblicher Majoliken nur in sehr bescheidener
Weise betrieben wird. Diese Arbeiten in der Art der Thuner und Heimberger

156


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1974-03-04/0026