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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1974-03-04/0031
Ein kurzer Auszug aus einem Bericht über die Zeit, in der noch der Fritze-
Hafner arbeitete, veranschaulicht das Leben in einer solchen Töpferei in Kandern:
„So oft ich wieder in Kandern durch die Hauptstraße in der „Oberstadt" gehe,
bleibe ich oberhalb des Forsthauses „am Bach" stehen. Am Haus des Malermeisters
Schleith ist es leer. Das hohe Schaufenster links der Türe hat Vorhänge statt der
bunten Vielfalt der Kanderner Töpferwaren, die einst, als noch das Schild
„Johann Adam Fritz, Hafnermeister" über der Haustüre hing, von dem
Jahrhunderte in Kandern beheimateten Handwerk zeugten. Am Bach gegenüber
liegen nicht mehr auf zweifachen Stangengestellen die Reihen der langen schmalen
Bretter, auf denen alle möglichen rohen Geschirre in der Sonne trockneten . .
In Fritz Hafners Hof, beim Brunnen war ein großes Loch, in das der rohe Ton
geworfen wurde . . . Immer noch sehe ich den Gesellen oder meinen Schulkameraden
, den Otto, wie sie mit aufgekrempelten Hosen und nackten Füßen
den gespritzten Ton traten und stampften bis er ganz geschmeidig war . . . Schön
waren die Nachtwachen am Feuer, die abwechselnd gehalten wurden. Nachbarn
und Kameraden kamen dazu; es wurde erzählt, gesungen, Karten gespielt und
Witze wurden gerissen. Auch einen Nutznießer hatte der Geschirrbrand bei
Tag. Der Nachbar Argast spannte immer darauf, bis der Fritze Hafner „brannte".
Schon Tage vorher sparte er in seiner Schneiderwerkstatt alles, was er an Anzügen
und so weiter zum Bügeln hatte, dafür auf. Hatte das Feuer die rechte Glut, so
brachte er lachend ein paar Bolzen herbei . . . Das Versandgeschirr wurde sortiert
und zwischen Stroh in Kisten verpackt, das übrige im Laden zum Kleinverkauf
bereitgestellt. Ein schöner Zug guter Nachbarschaft war es, daß das Fritze-Muet-
terli von jedem Brand der Nachbarin Buchs ein „Stückli" schenkte, ein Schüsseli,
Plättli oder Häfeli, wie's eben willkommen war. 9ä)

Dieser Bericht stammt von einer ehemaligen Kanderner Bürgerin, die sich
noch an die Zeit des „traditionellen Handwerks" erinnert. Jedoch schon damals
war es ein „sterbendes Handwerk." 93) Die Absatzchancen wurden immer geringer,
der letzte Hafner Blum war nur noch ein später Nachkomme eines einst blühenden
Handwerks in Kandern. Wie alle anderen hatte auch er den Anschluß an das
Kunsthandwerk nicht gefunden, vielleicht aber auch gar nicht gewollt. Er blieb,
wie letztlich alle Kanderner Hafner ihrem alten Handwerk und Handwerksbegriff
treu, ohne den Versuch unternommen zu haben, die billigen Methoden einer
folkloristisch sich gebärenden Souvenirindustrie nachzuahmen, wie es andernorts
mit Erfolg von Töpfern praktiziert wird.

Auf der Grundlage des alten Handwerks bahnte sich gegen Ende des 19.
Jahrhunderts neben den damals noch voll arbeitenden Hafnerwerkstätten die
Entwicklung zum Kunsthandwerk an. Diese Wende zu einem neuen Verständnis
des traditionellen Handwerks bedeutet trotz der gemeinsamen handwerklichen
Basis etwas grundsätzlich Neues gegenüber dem rein zweckgebundenen Handwerk
.

IV. Kuristkeramik in Kandern

Ende der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderst kam Max Laeuger von
der Kunstgewerbeschule Karlsruhe nach Kandern, um den dortigen Hafnern im
Rahmen der Gewerbeförderung Unterricht in Zeichnen und Modellieren zu geben.
Er fand großen Gefallen an den ursprünglichen Formen und Glasuren dieser
traditionellen Bauernkeramik und arbeitete neben seiner Lehrtätigkeit an der
Kunstgewerbeschule in Karlsruhe so oft er konnte in den Werkstätten der Hafner
mit. Max Laeuger, gebürtiger Lörracher (1864—1952), Dozent für Innenarchitektur
und Gartenkunst an der Kunstgewerbeschule Karlsruhe, fand in Kandern
seine ersten und entscheidenden Anregungen für seine späteren keramischen
Arbeiten. Einige Jahre später schon auf der Weltausstellung in Paris wurden

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