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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1974-03-04/0041
bunt bemalt und mit einer Bleiglasur überzogen wurden. Für Gefäße ohne Dekor
setzte man den Glasuren Farboxyde bei, die erst nach dem Brand ihre eigentliche
Farbe bekamen.

Zur Herstellung der Farben verwandte man natürliche Rohstoffe, die am
Ort vorkamen, und die deshalb billig in der Beschaffung waren. Vom Eisenwerk
bezog man Reste von Bohnerz. Das Erz, das hier verhüttet wurde, hing voll
Löß und mußte daher zuerst gewaschen werden. Dieser geschlämmte Löß war stark
mit Rost vermischt und eignete sich daher vorzüglich zur Herstellung von ockerbraunen
Glasuren. Schwarze Farbe erhielt man aus Braunstein, während Grün
aus Kupferasche gewonnen wurde. Dazu setzte man eine Schüssel mit einigen
Kreuzern in den Ofen, die so gewonnene Kupferasche gab mit dem Tonschiicker
vermengt den gewünschten kräftigen Farbton. Blei bezogen die Kanderner Töpfer
aus Kappel. Ein altes Glasurbüchlein gibt Aufschluß über die Zusammenstellung
der Farbstoffe für Glasuren.

„Einschön hellbraun Glas (Glasur) aus Lorch (Lörrach) ist dem Einnehmer
gemacht worden: 16 Mass Steinerz, 8 Mass Großerz, 10 Mass Sand, ein recht
Mass Braunstein, ein wenig Kupfer." Für ein „eisenfarb Glas" nahm man: 10 Mass
Bleiglätte, 2 Mass Bleiasche, 6 Mass Weinstein, 1 Mass Kupferasche, 2 Mass Braunstein
, 2 Mass Schmälten. Schmälte ist durch Kobalt gefärbtes Glas und wurde zum
Blaufärben verwendet, Glas und Sand wurden zugesetzt, um die Glasur flüssig
zu machen. Mischte man 5 Pfund Blei, 3 Pfund Stein, 1 Pfund Salz, 16 Weinsteine
, 1 Vierling-Kupfer 107), 1 Vierling Schmälte, dann gab es „mehr grün". Alle
Zutaten mußten zuerst zerstoßen und zu Pulver gemahlen werden, danach wurden
sie mit dem Malschiicker vermischt oder den Glasuren zugesetzt. Die Glasurbüchlein
erhielten familieneigene Rezepte und wurden streng geheimgehalten. Sie
wurden wohl von dem Vater an den Sohn weitergegeben, niemals aber an einen
Gesellen. In jahrelanger Praxis kamen die bewährten Rezepte zustande, der Stolz
jedes Meisters.

Der gefärbte dickflüssige Tonschiicker wurde in eine Gießbüchse gefüllt und
durch eine Federkielpose gleichmäßig über die Oberfläche geführt. Die Gießbüchsen
stellten sich die Hafner selbst her. Es waren kleine glasierte Tonbüchsen mit zwei
Öffnungen; in die eine wurde der Tonschiicker eingefüllt, in die andere ein
Federkiel eingeführt, durch den der Tonschiicker herausfloß.

Wollte man einen reliefartigen Charakter durch die Bemalung erzielen, wurde
mit der „Tube" gearbeitet. Dies ist ein Gummiball mit Ausflußröhrchen, durch
das der Malschiicker aufgespritzt wird. Manche Muster verlangten außerdem noch
eine besondere Ritztechnik (Sgraffito), wobei die Ornamente aus dem angegossenen
Malschlicker herausgekratzt wurden.

Nach der Bemalung mit der Gießbüchse wurde das Gefäß mit einer farblosen
Glasur (ein dünner Brei aus Wasser, Quarzsand und Bleimenge), die mit einer
Kelle aus einer großen Schüssel geschöpft wurde, überzogen. Das Gefäß wurde
nochmals getrocknet, damit Ton, Engobe und Malschlicker gleichmäßig im Trockenprozeß
schrumpfen konnten (beim Trocknen verlieren die Gefäße bis zu 25 Prozent
ihres Volumens). Die Bemalung der Gefäße übernahmen meist die Frauen und
Töchter der Hafner. In jahrelanger Erfahrung hatten sie eine beachtliche handwerkliche
und künstlerische Fertigkeit in der Behandlung der Geschirre entwickelt.
Waren Bemalung und Glasur getrocknet, war das Gefäß fertig zum Brennen und
konnte in den Brennofen eingelegt werden. Dies war der sogenannte Kassler
Ofen, ein liegender Flammenofen. Er war ungefähr 1,70 m hoch, 4 m tief und
1,50 m breit mit sehr dicken gemauerten Wänden und einer gewölbten gemauerten
Decke.108) Im Innern zwischen Feuerungsstelle und dem Raum, in dem das Geschirr
gestapelt wurde, war eine lückige Ziegelwand gezogen, die die erste Wucht
der Flamme abfangen sollte. Jenseits dieser Barriere lag der Rost aus dicken
Eisenstangen, die die Glut tragen mußten.

Beim Einlegen des Ofens begann man mit den widerstandsfähigeren unglasierten
oder teilglasierten Waren, wie Blumentöpfen und dem einfachsten Gebrauchs-

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