Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
38.1976, Heft 1/2.1976
Seite: 109
(PDF, 32 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1976-01-02/0111
Von der Landwirtschaft zur Landschaftspflege

auf dem Schwarzivald

von Hans Beidek

Die prachtvollen Herbsttage des 75er Jahres verleiten zu einer Fahrt auf den
Belchen. Vorbei an den in allen Schattierungen der Herbstfarben leuchtenden
Wäldern im Wiesen- und Aiterbachtal erreicht man den Gipfel, der windstill in
wohliger Wärme liegt, während über dem Rheintal, den Kaiserstuhl noch überdeckend
, eine dicke Nebelschicht liegt, die gleich einer Hand auch ins Münstertal
hineingreift und die vielfältigen Talgründe füllt. Auch das Markgräflerland, wo
jetzt der Herbst dem Ende zu geht, liegt unter Nebel begraben, aber die beiden
Wiesentäler dürfen sich noch in der Sonne räkeln und allenthalben sieht man noch
Vieh auf der Herbstweide. Nur selten wird uns bewußt, daß wir hier auf dem
höchsten Punkt der alten Markgrafschaft Baden-Durlach stehen, die mit ihrer
Landgrafschaft Sausenburg einen Zipfel hier heraufstreckte, während ein anderer,
größerer Keil über Schopfheim bis nach Gersbach hinauflangte. Dazwischen und
überhaupt im südlichen Schwarzwald war ja vorderösterreichisches Gebiet — doch
lassen wir einmal die Politik und ihre Geschichte hier beiseite, obwohl sie bis in die
heutige Zeit hineinwirkt, wenn man z. B. die verschiedene Mentalität der Menschen
im kleinen und großen Wiesental betrachtet.

Der normale Gegenwartsmensch läßt seinen Blick über die Landschaft streifen,
als sei sie etwas Selbstverständliches, Naturgegebenes und als sei das Bild der
grünen Matten und Weiden, der Äcker und Wälder, wie es sich gerade im
Schwarzwald so harmonisch darbietet „eo ipso" in sein Ausflugsprogramm eingeplant
. Nur wenige der vielen Beichenbesucher, die auch werktags den sonnigen
Gipfel bevölkern, machen sich wohl Gedanken darüber, daß es heute gar nicht
mehr so selbstverständlich ist, ein solche Landschaft vorzufinden, daß sie es der
Landwirtschaft, besser: der Landbewirtschaftung zu verdanken haben, hier noch
eine „heile Welt" anstatt einen Urwald anzutreffen. Aber Landbewirtschaftung
ist stets mit Arbeit verbunden, und je schöner die Landschaft sich darbietet, desto
mehr Arbeit gibt es, sie so zu erhalten.

Doch bleiben wir noch einen Rung (= Weile) auf dem Belchen: tief unter uns
liegt als Abschluß des Kleinen Wiesentals das Dorf Neuenweg. Dort wurde vor 200
Jahren mein Urgroßvater als Sohn des dortigen Schulmeisters geboren. Es waren
keine rosigen Zeiten für die Beamten, das Gehalt war mager und der alte Lehrer
Beidek (der junge wurde auch Schulmeister) durfte mit herrschaftlicher Erlaubnis
noch Kleesamen und Tabak verkaufen, um sein Salär aufzubessern. In Schweighof,
wo er als Junggeselle 1760 seine erste Stelle als Schulprovisor angetreten hatte,
war das ,Umessen' noch üblich, wie es in hiesiger Gegend noch da und dort bei
den Hirten der Brauch ist: so viel Stück Vieh, so viele Tage Essen, bis die Reihe
durch ist und von vorn beginnt. Wahrscheinlich wird es bei den Schulmeistern
ähnlich gewesen sein: so viele Kinder, so viele Tage Essen, und der Kinder waren
oft nicht wenige in einer Familie, so daß der Kontakt mit den Eltern, der heute
oft fehlt, gewiß recht intensiv war. Auch mußte Joh. Michael Beidek zweimal
die Woche auf die Sirnitz, um dort Schule zu halten. Noch vor 60 Jahren, als wir
auf den Sirnitzmatten unsere ersten Stemmbögen und Telemarks drehten, war das
noch Brauch, allerdings kam der Lehrer Wilhelm von Schweighof nur noch am
Sonntag herauf (natürlich zu Fuß!) um das übrigens sehr hübsche Mariele zu

109


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1976-01-02/0111