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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
38.1976, Heft 1/2.1976
Seite: 170
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1976-01-02/0172
Ein weiterer Sohn des Britzinger Pfarrers ließ sich in Hügelheim als Küfer nieder, wo
er bald darauf als Zunftmeister und Vogt wirkte. Zwei seiner Nachkommen zogen ab
1911 nach Badenweiler, wo ihre Enkel noch heute das Hotel „Anna" und ein Sattler- und
Tapeziergeschäft betreiben. Dagegen kam der älteste Sohn des Britzinger Pfarrers, Jeremias
Gmelin 1713 als Pfarrer nach Badenweiler, und begründete durch seinen Sohn und Enkel
eine 120 Jahre dauernde Pfarrdynastie. So entdeckte Pfr. Isaak Gmelin 1784 das Römerbad
, worunter er jedoch ein Münster vermutete. Georg Jeremias Gmelin (1758 —1830) war
der letzte evang. Pfarrer der Familie. Ab 1818 setzte er sich bei der Großh. Bad. Regierung
in Karlsruhe dafür ein, daß die „arme" Bergwerksgemeinde Badenweiler endlich durch
öffentliche Investitionen in einen Kurort umgewandelt werde und bemängelte, daß durch
die geringe Zahl von 30 Betten die Nachfrage von Kurgästen in keinem Fall mehr
gedeckt werden könne. „Tausend gegen eins — wenn geholfen wird, so erhebt sich das
hiesige Bad zu einem zweiten Baden-Baden oder noch drüber, und ich glaube, daß wenn
Ihre Kgl. Hoheit unser Großherzog hierher kämen, Hochdiselben radikaler kuriert werden
würden".

Eilers referierte auch über die von Generalmajor Adam Gmelin im Jahre 1799 der evang.
Kirchengemeinde gestiftete Martin-Orgel mit 17 Registern, die fast 100 Jahre bis zum
Abbruch der alten Kirche ihre Dienste tat; heute würde sie DM 130 000 kosten.

Patrick de Gmeline aus Paris gab einen Überblick über den russischen Zweig der
oberbad. Gmelin, begründet durch den Badenweiler Pfarrerssohn Philipp Jakob Gmelin,
der 1795 infolge der Arbeitslosigkeit nach St. Petersburg (Leningrad) auswandern mußte
und in Rußland als Güterdirektor unterkam. Sein Sohn Alexander (1812—88) wurde
als kaiserl. russ. Medizinalrat von Kaiser Nicolaus I. erblich geadelt und 1873 zum
Wirklichen Staatsrat ernannt. Der Enkel brachte es bis zum Geschäftsträger der Finanzdirektion
in Warschau. Der Urenkel Wassili von Gmelin (1879—1920) war im 1. Weltkrieg
Militärattache an der russ. Botschaft in Dänemark, kämpfte 1919 als Oberstleutnant
der „Weißen Armee" in Nordfinnland und wurde nach der Gefangennahme durch die
Bolschewisten in Moskau erschossen. Seine Familie, die in Kopenhagen zurückgeblieben
war, schloß sich 1920 der russ. Emigrantenkolonie in Paris an. Sie hatte in Rußland ein
Vermögen von 1 Million Goldrubel verloren. Als der Vater des Vortragenden 1930 Vollwaise
wurde, ist er von Königin Nathalie von Serbien adoptiert worden und ist heute
Abteilungsleiter einer bedeutenden Transportgesellschaft in Paris. Zum Glück lagen die
wichtigsten Familienurkunden während der russ. Revolution in Dänemark, so daß die
Zuhörer die kostbaren Dokumente, Adelsdiplome, Familienbilder usw. anschließend in
einer Ausstellung bewundern konnten.

Nach dem gemeinsamen Mittagessen im Kurhausrestaurant führte Rektor Helm die
Teilnehmer durch die römische Badruine und die evang. Kirche. Anhand von Modellen
zeigte er auf, wie Bad und Kirche früher ausgesehen haben und verändert worden sind.
In der Sakristei der evang. Kirche waren die von Generalmajor Gmelin 1797 gestifteten
silbernen, von innen und außen vergoldeten, kostbaren Abendmahlsgeräte ausgestellt
worden, die auch heute noch im Gebrauch sind.

Am Spätnachmittag fand im Vortragssaal des Kurhauses die Mitgliederversammlung
statt, auf welcher die Verabschiedung der Satzung nach Aussprache und damit die Umwandlung
des Familienverbandes in einen eingetragenen Verein mit Sitz in Tübingen
einstimmig erfolgte. Im Gesamtvorstand gab es keine personellen Veränderungen, weil
alle (2. Vorsitzender, sein Stellvertreter, Archivar, Schriftführerin, Kassenwart, Jugendreferent
, Schriftleiter) zur Fortführung ihres Amtes bereit waren. Da sich die berufstätigen
Verwandten außerstande sahen, das Amt des 1. Vorsitzenden zu übernehmen,
mußte sich der bisherige 1. Vorsitzende Dr. Siegfried Gmelin trotz seines hohen Alters
notgedrungen bereit finden, den Familienverband nochmals drei Jahre lang zu leiten. Die
oberbad. Linie wird im erweiterten Vorstand weiterhin durch den Schriftleiter der
„Gmelin-Mitteilungen" R. Eilers vertreten. Von den 600 Exemplaren „Die Familie
Gmelin" sind seit Weihnachten 1973 schon 440 Bände verkauft bzw. als Belegstücke
abgegeben worden. Der Jahresmitgliedsbeitrag wird ab 1976 DM 20,— betragen.

Ein geselliger Abend mit Tanz und Unterhaltung fand in der Festhalle Müllheim-
Britzingen statt. Am Sonntagvormittag traf man sich nochmals im Vortragssaal des Kurhauses
Badenweiler, um gemeinsam zu überlegen, auf welche Weise die Jugend für eine
stärkere Teilnahme am nächsten Familientag gewonnen werden könne, der 1978 in Sinsheim
stattfinden soll.

Gegen Mittag traten die verbliebenen 60 Teilnehmer mit Bus und Pkw eine Fahrt durch
das Markgräflerland an.

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