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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
38.1976, Heft 3/4.1976
Seite: 226
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1976-03-04/0044
Bildungsstand; Behinderung im gesellschaftlichen Aufstieg von Angehörigen sozial
niedriger Schichten infolge einer Ausdrucksweise, die nicht der Sprachnorm der
Hochsprache entspricht." Beide Erklärungen sprechen nur von sozial- und bildungsbedingten
Behinderungen. Der Sprachwissenschaftler Heinrich Löffler (2b)
beschreibt die Sprachbarrieren als die „sprachlich bedingten und daher mit Mitteln
der Linguistik (Sprachwissenschaft d. V.) beschreibbaren Hinder- und Hemmnisse
innerhalb des Schul- und Bildungsbetriebs".

Die Soziolinguistik *), die sich mit diesem Problem beschäftigt, ist im angelsächsischen
Sprachraum entstanden und hat zuerst die Verhältnisse in den USA
untersucht 4). Dort spielen primitive Mischsprachen als Folge der Zuwanderung
vieler fremdsprachiger Minderheiten eine schwerwiegende soziale Rolle als
ausgesprochene Unterschichtensprachen. Unter den deutschen Verhältnissen haben
die Soziolinguisten sehr bald die Dialekte als ähnliche Sprachbarriere entdeckt.
Obwohl diese Dialekte sprachgeschichtlich und sozialgeschichtlich etwas ganz anderes
sind als die in den USA entstandenen Idiome 5) und Mischsprachen — und
zwar nicht nur in Deutschland, sondern in der Alten Welt überhaupt — hat man
den vereinfachten Analogie-Schluß gezogen, die Dialekte seien Unterschichtsprachen
. Dabei sind offenbar zwei Voraussetzungen als gegeben unterstellt worden:
1. „Hochsprache" sei ein Merkmal der Mittelschicht (s.o. die Definition von
Wahrig), 2. die Verhältnisse in allen Dialektgebieten seien gleich. Beides trifft,
wie hierzulande jeder wissen kann, nicht zu. Vor allem Schweizer Sprachwissenschaftler
sind dieser Auffassung entgegengetreten. In unserem Gebiet entsprachen
die Verhältnisse bis 1945 weitgehend denen in der Schweiz. Und ähnliches gilt auch
für Bayern und Österreich. Dabei wird darauf abgehoben, daß aufgrund des
heutigen Forschungsstandes nicht mehr bestreitbar ist, daß „geschriebene Sprache
und gesprochene Sprache jeweils unter gewissen Eigengesetzlichkeiten stehen".
Dennoch sehen auch die Sprachwissenschaftler, daß „intensive Dialektbindung
einen Barriere-Effekt bewirken kann, sowohl in der Schule als auch im beruflichen
Fortkommen" (Unterstreichung vom Verf.). „Mangelnde Schulung" in der Hochsprache
und „in der Schule vorhandene Schwierigkeiten und Barriere-Gefahren für
dialektsprechende Kinder" werden erwähnt, aber nicht näher auf andere als rein
sprachliche Gründe untersucht6).

Schweizer Wissenschaftler haben es nicht leicht, manche ihrer Gesichtspunkte
in dieser Frage allgemein durchzusetzen, weniger deshalb weil sie selbst Dialektsprecher
sind, sondern weil die Verhältnisse in weiten Teilen des deutschen
Sprachgebiets tatsächlich anders gelagert sind. Die Gültigkeit vieler Schweizer
Aussagen auch für unser Gebiet des Hochalemannischen müssen wir jedoch betonen
. Bei vielen anderen Beiträgen spürt man dagegen die Dialektferne der
Autoren. Gewiß ist die Distanz zu einer Sache nötig und durchaus geeignet,
richtige Resultate zu fördern, vorausgesetzt, man weiß, wovon man spricht. Roland
Ris nennt in seinem Beitrag im Tübinger Bd. 33 [1] ein Beispiel, bei dem dies nicht
der Fall ist. 14) Nur sagt dies Ris nicht so direkt.

2 Dialekt eine Sprachbarriere?

Uns interessiert hier die Frage, wie es zu der Meinung kommen konnte, Dialekte
an sich seien eine Sprachbarriere und ebenso, ob diese Meinung zutrifft, oder ob
nicht andere (welche?) Einflüsse wirksam werden, die diesen Ausdruck im Verhältnis
zum Dialekt als unzutreffend, weil überzogen, verbieten. In der Sprache
der Völkerkundler wäre es die Frage nach den endogenen und exogenen Einflüssen
auf Dialekte, Dialektsprecher und Fragestellung überhaupt. Die Frage „ob" untersucht
ein „Ergebnisbericht einer Tagung zur alemannischen Dialektforschung", der
unter dem Titel „Dialekt als Sprachbarriere?", ausdrücklich mit Fragezeichen versehen
, als Taschenbuch 1973 erschienen ist. 7) In seinem Beitrag dazu sieht Eugen
Gabriel im „Terminus ,Sprachbarriere' eher ein Schlagwort als eine Hilfe". ')

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