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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
38.1976, Heft 3/4.1976
Seite: 232
(PDF, 38 MB)
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Beispiel des Freiherrn von Rochow einsam und recht einmalig gewesen sein. Merkwürdig
ist vor allem, daß die Beurteilung der allgemeinen pädagogischen Verhältnisse
von 1794 durch Zerenner auch 1973 noch von Bausinger geteilt wird.

Es wäre zwar eine mühsame, für die Sprachbarrieren-Theorie gegenüber dem
Dialekt aber aufschlußreiche Aufgabe, einmal zu untersuchen, seit wann, wo, in
welcher Form die Geringschätzung des Dialekts in der deutschen Literatur, insbesondere
der pädagogischen im weitesten Sinn, ihren Ausdruck findet. 25) Der
Schritt bis zur Beantwortung der Frage, welche Schichten diese negative Einstellung
zum Dialekt übernommen haben, ist dann nicht mehr schwer.

3.9 Die letzten 60 Jahre. Wir wenden uns den Verhältnissen der letzten 60
Jahre zu. Wenn sich heute die alte Generation an die Schulverhältnisse kurz nach
dem 1. Weltkrieg erinnert, so gab es nur einen kleinen Teil von vielleicht 5 Prozent
der Schüler in den Volksschulen, die nicht Dialekt gesprochen haben, weil
die Familien erst vor kurzem neu zugezogen waren. In den Gymnasien betrug
ihr Prozentsatz etwas mehr, im Durchschnitt gewiß nicht mehr als 15—20 Prozent.
Bei den Zuzügern hat es sich in erster Linie um Beamte der mittleren und höheren
Laufbahnen gehandelt, die hierher versetzt wurden, um Ingenieure, Direktoren
und Fachleute der Industrie, um Ärzte und Angehörige neu entstehender Berufe.
Im übrigen hat die ganze Sozialpyramide der einheimischen Bevölkerung Dialekt
gesprochen, einschließlich der meisten Lehrer (nur an den Gymnasien war es die
Minderheit).

Und doch haben sich die Ergebnisse der Lörracher Gymnasien in keiner Weise
von denen etwa der größeren Städte des Unterlandes unterschieden. Auch die
Schulergebnisse auf dem Lande haben jederzeit den Übergang auf die Gymnasien
ermöglicht. Frauen und Männer, die nur die Volksschule besucht haben, die aber
als Dichter und Schriftsteller mindestens regional bekannt geworden sind, gibt
es gewiß in allen deutschen Dialektgebieten. Am besten bekannt sind sie uns aus
dem alemannischen Raum, nicht zuletzt auch die zahlreichen Autoren, die bemerkenswerte
Beiträge an die Ortschroniken unseres Gebiets geleistet haben. 26)

4 Soziolinguistische Gesichtspunkte

Die Frage, warum die Sprachbarrieren-Diskussion bei uns erst seit knapp 2
Jahrzehnten geführt wird, ist mit den Ergebnissen der historischen Betrachtung
nur teilweise beantwortet: Das Objekt Dialekt bot früher offenbar keinen genügenden
Grund, im Verhältnis zur Schriftsprache so etwas wie „Barrieren" zu sehen.
Es gibt aber noch Gründe, die mehr in der Betrachtung von außen liegen oder,
wie Bausinger sagt, „äußerliche oder aufgezwungene" sind. Einer dieser Gründe
wird von der Soziolinguistik realistisch gesehen und bei Hartig/Kurz **) wie folgt
beschrieben:

„Durch die Konstituierung einer bestimmten Sprache als allgemeiner Verständigungssprache
(gemeint ist die Hoch- oder Schriftsprache, d. Verf.) entstehen bestimmte
Dominanz- und Subordinationsprobleme, die nicht selten zu einer Diskriminierung
der untergeordneten Sprache und damit auch der Sprachgemeinschaft
führen." 28) Mit untergeordneten Sprachen sind z. B. die Dialekte gemeint.
Dies ist offenbar genau der Fall bei unseren historischen Beispielen. Sie zeigen
alle deutlich dieses Problem im Verhältnis zur Hochsprache. Es kann gar nicht
anders sein, als daß ein solches Verhältnis des ständigen Versuchs, Subordination
zu erzwingen, auch Ursache für sprachpsychologische Hemmnisse und Sperren
ist.

4.1 Umschichtungen. Weitere aus ähnlichen Umständen erwachsende Folgen
sind ebenfalls äußerlicher Natur, aber — im Gegensatz zum Subordinationsproblem
— nicht, oder kaum, veränderbar. Soweit zu sehen, sind es auch hier die
Soziolinguisten, die das größere Gewicht auf diese Punkte legen: Es sind dies:

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