Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
38.1976, Heft 3/4.1976
Seite: 245
(PDF, 38 MB)
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digen Lautunterschiede festzuhalten. Dies kann mit den aus dem schriftdeutschen
Alphabet bekannten Buchstaben einigermaßen bewerkstelligt werden, allenfalls mit
zwei bis drei diakritischen Zeichen (Pünktchen oder Strichen) über herkömmlichen
Buchstaben, auf die aber mit Rücksicht auf den Leser notfalls verzichtet werden
kann, wenn er im Kommentar eine übersichtliche Belehrung erhält.

Ein schönes Beispiel für das Ungenügen der schriftdeutschen Orthographie, wenn
sie einfach übernommen wird, findet sich bei Philipp Brucker, der Gedichte unter
dem Titel „'s Wundergigli" herausgegeben hat. In seinem zweiten Buch, betitelt
„'s Danzknöpfli", schreibt der Verfasser im Vorwort: „Manche meinten dabei, ich
hätte besser / Wundergiggli schreiben sollen, weil die Verwechslung mit einem
Wundergeiglein) nahe liege. Dazu darf ich sagen, daß ein Geiglein bei uns ein
'Giigli; wäre, das kaum mit einem 'Gigli,, zu verwechseln ist." Zugrunde liegt
also die „Gucke", „Gugge", im Badischen Wörterbuch von Ochs definiert als
„papierenes Behältnis für trockene Ware", eine Wundertüte vom Jahrmarkt. Die
Verkleinerung ist „Güggli", mit Schwächung der Geminata (Doppelung) und Entrundung
(ü wird i) entsteht Gigli. Brucker hat aus diesem Mißverständnis, das ihm
zwar zu einer weiteren Geschichte verholfen hat, die Lehre gezogen und schreibt in
seinem zweiten Buch nun konsequent die Länge des i mit zwei ii, während unser
Lesebuch kurzes und langes i einfach mit i bezeichnet; denn das Zeichen ie, Längezeichen
der Schriftsprache, ist besetzt für den alemannischen Diphtongen ie. Zu
derartigen Wörtern wie lieb, Mieder usw. rechnet der Schriftleiter fälschlicherweise
auch „Glied".

Dies ist ein sprechendes Beispiel dafür, daß eine Mundartschrift auf den Unterschied
zwischen der Länge und der Kürze der Vokale nicht verzichten kann.
Sicher braucht es nicht immer zu Verwechslungen zwischen Gigli und Giigli
zu kommen, weil vielfach der Leser automatisch den richtigen Laut einsetzt,
sofern er gerade die Mundart des Lesestückes spricht; aber selbst wenn das Verständnis
nicht leidet, verfehlt doch der Nachbar den Charakter einer Mundart,
wenn er ihre Laute, ihre Qualitäten oder Quantitäten, gröblich verfälscht. Ich will
Ihnen das an einem kurzen Stück aus Bächtold (S. 48) zeigen. Bächtold schreibt:
Tag (mit einem a), Waald, Aarm (gegen die Schriftsprache mit zwei aa). Die Besonderheit
der Schaffhauser und z. T. auch der Thurgauer Mundarten ist die Bewahrung
alter mhd. Kürzen in geschlossener Silbe; Dehnung tritt in gewisser
Umgebung wie vor 1 oder r plus folgender Konsonanz ein. Wer also hier konsequent
liest, erhascht eine Eigenart, die jedem ins Ohr sticht, wenn er Tag, Weg,
Hag, Hof, Grab, Glas hört. S wär „schad", wenn so etwas verwischt würde. An
sich ist ja die Dehnung eine sehr labile Sache, Länge und Kürze kann im selben
Wort je nach Satzstellung wechseln, und dem sollte man ruhig Rechnung tragen.
Eine lautgetreue Schreibweise zwingt geradezu zum genauen Hinhören.

Wie sehr man in Teufels Küche kommt, wenn man verschiedene Texte in eine
Art von Einheitsschreibweise nach dem Muster unseres Buches umschreiben will,
möchte ich an einem Beitrag von Brucker zeigen, wo uns das Original des Verfassers
im Druck vorliegt, es ist das schon erwähnte Wundergigli. Ich gebe zuerst
das Original, dann das Lesebuch nach Gäng:

Brucker: Wämmr Gäng: We mer

nix nichts
kocht gkocht
bissili bitzili
draimt traimt
Dag Tag (doch Däj = Tage)

S. 147, Elsaß
friehjer frieher
Sempf Senf

Er isch bald doch minnr Graf -----

un minnr Prinz, au wämmr kei ---au wenn er kei

Schloß hänn Schloß hät.

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