Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
38.1976, Heft 3/4.1976
Seite: 254
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1976-03-04/0072
ihr Kind war, ja ob es überhaupt noch lebte. Pfarrer Gmelin vermerkt dies mehrfach
. Er berichtet auch einige Male, daß solche Kinder im Alter von 18 und mehr
Jahren plötzlich und unvermutet wieder zu Hause erscheinen. Ein Beispiel ist
oben zitiert.

Daneben gibt es aber auch andere Gründe für das „dienen" der jungen Leute,
wenn sie in der Nähe bei Bekannten auf dem Bauernhof arbeiten. Es sind Jugendliche
aus Steinen oder Maulburg, die zu Schanzlin, dem Enkel des alten Vogts von
Maulburg, nach Auggen „in die Lehre" gehen. Dasselbe gilt für Weiler oder
Kirchemer, die beim Vogt Koger in Auggen dienen, um nur diese beiden markantesten
Beispiele zu nennen. Hier sollten die jungen Leute andere Verhältnisse
kennen lernen und sehen, wie man andernorts gearbeitet hat. Dieses Dienen galt
sicher oft dem Unterhalt junger Leute aus großen Familien, es galt aber auch der
Erweiterung des Horizonts. Manchmal fand man eine Frau zur Heirat oder eine
Stelle zum Einheiraten. Die Beispiele, daß Knechte oder Mägde und Handwerksgesellen
ihren verwitweten Arbeitgeber — den Bauern oder die Handwerkersfrau
— heirateten, sind bei Gmelin zahlreich.

Eine Lehre, meist auswärts, und Wanderjahre gehörten auch für die Handwerker
auf dem Lande zu den Voraussetzungen an Erfahrung und Ausbildung,
um Meister werden zu können, sie dienten vor allem auch der Erweiterung des
allgemeinen Horizonts. Gmelins Angaben kann man entnehmen, daß die jungen
Leute meist mit 21—23 Jahren ihre Gesellenzeit abschlössen und Meister werden
konnten. Mit der Niederlassung war meist die Heirat verbunden. Volkskundlich
von Interesse ist, daß zu diesem Zeitpunkt, am Hochzeitstag oder „an ihrer
Nachhochzeit das Meisterstück verfertigt" wurde. Das heißt wohl, daß es an
diesem Tag fertiggestellt und zur Prüfung vorgelegt wurde.

Gmelin berichtet auch von zahlreichen Fällen, in denen junge Leute als
Soldaten in die Fremde ziehen oder aus ihr zurückkehren. Manche werden in
den damaligen Heeren, die französischen, schwedischen, bayerischen sind genannt,
verkommen oder irgendwo in Europa hängen geblieben sein, ohne daß man noch
etwas von ihnen gehört hat. Manche sind mit Familie zurückgekehrt und haben
wieder Fuß gefaßt oder gar mit organisatorischer Erfahrung aktiv an der Selbst-'
Verwaltung mitgewirkt. Daß dies nicht leicht war, wenn man nichts gelernt hatte,
zeigt das Beispiel Bernhard Schweinfurters, des Vaters, der seine Familie als
Gärtner, Vogelfanger und mit der Fischerei durchbrachte. Sein Sohn Bernhard
ging zur Schule, von ihm wird gesagt, daß auch er mit Vogelfang und Fischerei
umzugehen wisse.

Aus den Bemerkungen Gmelins über die Soldaten geht etwas deutlich hervor.
Wir haben es damals bei uns mit dem zu tun, was man Reisläuferei nennt. Gewaltsames
Pressen zum Militär gab es hier nicht. „Er lief in den Krieg", „hat sich
in den Krieg begeben" so lauten Gmelins Bemerkungen dazu. Die Motive dafür
waren verschieden. Z. T. war es Abenteuerlust, der Gedanke, auf diese Weise
am besten zum notwendigsten Lebensunterhalt zu kommen, z. T. häuslicher Unfrieden
, gelegentlich heißt es auch „cherchez la femme", wenn eine junge Frau
dahinter steckte, die der Pfarrer kurzerhand, so war das damals eben, nicht als
Dame sondern als Hure bezeichnet hat.

c) Gemeindeämter und Schulbildung

Wir haben oben festgestellt, daß ländliche Schulbildung im 17. Jahrhundert bei
uns kein Privileg für Einzelne gewesen ist, daß sie von allen Schichten angenommen
wurde und daß man den Eindruck hat, daß sie für manche Berufe
eine gewisse Notwendigkeit war. Dies gilt auch für die Besetzung der Gemeindeämter
, wie wir noch sehen werden.

Zunächst fällt auf, daß bei manchen „Ortsvorgesetzten" nichts über Schulkenntnisse
vermerkt ist. Über Hans Höflin z. B. heißt es, daß er „viel jähr zu
Effringen gedient" hat, bevor er „1654 anstatt Christe Schmidlins sei. allhie in

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