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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
39.1977, Heft 1/2.1977
Seite: 28
(PDF, 42 MB)
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Die lauten Anliegen und Wünsche waren nicht an eine Tyrannei, sondern
selbstbewußt an eine geachtete fürstliche Regierung gerichtet, maßvoll in Ton
und Inhalt. Der politische Boden im Markgräflerland war keineswegs bereit, die
mit Reden und Flugblättern ausgestreute Saat aufgehen oder gar ins Kraut
schießen zu lassen. Ein „Goldenes Zeitalter" priesen wohl einige Idealisten und
weitdenkende, intelligente Köpfe, welche die Schwächen der bestehenden Regierungsform
und deren überfällige Zöpfe erkannten und als aufmerksame Zeitgenossen
der Aufklärung auch eine fortschrittliche Wende und Ablösung tausendjähriger
Gewohnheiten forderten, aber ohne Henkerbeil im Hintergrund. So
meinte auch einer der klügsten Köpfe unter der markgräflichen Beamtenschaft, der
Emmendinger O.Amtmann Schlosser, Goethes Schwager: „Ich halte es für ein
Verbrechen, da mit Glück zu prahlen, wo ich nichts als wachsendes Elend sehe!"
Er beklagte die wachsenden sozialen Unterschiede, welche zunehmend im Lande
Ärgernis verursachten: Die glänzendsten Beamtenstellen und Militärränge werden
immer noch nur an Adlige vergeben. Im Pforzheimer Zuchthaus werden trotz Abschaffung
der Tortur Gefangene mit Ketten an die Wand geschmiedet und bei
Wasser und Brot gehalten, während ein adliger Häftling sogar einen Bediensteten
erhielt. Der Amtmann Schlosser wünschte dringend: „Wenn Carl Friedrich nur
die Craft hätte, sich über die Vorurteile des Adels hinwegzusetzen!"

Doch diese Vorurteile Schlossers gegenüber seinen früheren und zeitgenössischen
Kollegen vom Adel in den Oberämtern Rötteln und Badenweiler, den Landvögten
von Leutrum, von Wallbrunn, von Reitzenstein, von Kalm, werden vom fürsorglichen
Einsatz und dem menschlichen Wohlwollen gegenüber den Nöten und
Wünschen der ärmsten Untertanen gemildert und stark entlastet. Denn im Lande
des Markgrafen wurde der gute Willen der Regierung zum sparsamen fürsorglichen
Haushalten anerkannt und durch das Beispiel vom Hof bis zu den Beamtenstuben
vorgelebt. So wunderte sich der preußische Fürst von Hardenberg über
die „blecherne Zuckerdose" auf dem Tisch des baden-durlachischen Kammerpräsidenten
. Ein „Pascha-Beamtentum" war in Baden, dem „Preußen im Südwesten
" unmöglich, wo die sauberste Verwaltung amtete. (Rapp)

Und doch befürchteten der Fürst und seine Beamten ein aus dem Westen

aufziehendes Unwetter

Am 1. August 1796 ging beim Oberamt Badenweiler die Anzeige von einem
Complott zum Anstiften der Revolution im Lande ein. Angeblich im Auftrag des
Direktoriums von Paris ging von einem gewissen französischem Agenten Poterat
von Basel aus ein Aufruf an das Landvolk in den badischen Oberlanden, in dem
unter anderem „Freiheit und Unabhängigkeit unter dem Schutz der fränkischen
Waffen" versprochen wurde. Dieser zwielichtige Doppelagent wurde aber bald von
der französischen Gesandtschaft in Basel nach Paris abgeführt, weil er mit falschen
Papieren gleichzeitig für den emigrierten Prinzen Conde gewirkt habe, in der
Absicht, diesen im Falle des geglückten Umsturzes als „ Presidant perpetuel" in
der Markgrafschaft Baden einzusetzen.

Von diesem Poterat empfing nun auch der aus Kandern gebürtige Ernst Jägerschmidt
, der Sohn des (t) Hofrats und Landphysikus J., den Auftrag und die
Richtlinien zur Vorbereitung eines Umsturzes in der badischen Grenzecke. Als
Verbindungsmann der Basler Patrioten suchte und fand er in seinem Bekanntenkreise
im Rebland aufgeschlossene Gesinnungsfreunde. Nach dem ersten mißglückten
Versuch eines Aufstandes setzte er sich ins Basel-Biet ab und stand ein
paar Jahre lang als Factor den Eisenwerken Zäslin in Nieder-Schöntal bei Liestal
vor, von wo aus er weiterhin stark seinen Einfluß bei seinen Vertrauensleuten
wirken ließ. Am „4. Blumen-Monat des IV. Jahrs der Fränkischen unteilbaren
Republik" (17. April 1796) vermittelte angeblich im Auftrag des Direktoriums
in Paris, eine von Poterat gebotene Aufforderung an die Vorgesetzten in den

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