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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
39.1977, Heft 3/4.1977
Seite: 336
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1977-03-04/0130
II. Peter Parier, Dombaumeister in Prag, und seine Bauschule (1353—1383/99)

Urkundlich belegte Tatsachen über familiäre Angelegenheiten weisen darauf hin,
daß Peter Parier sowie seine Eltern und Brüder in Köln 2) am Rhein beheimatet
waren. Wie dazu noch aus der bereits erwähnten Inschrift auf der Tafel im Laufgang
des Prager Doms zu lesen ist, kam er im Alter von 21 Jahren nach Schwäbisch
Gmünd, wo er neben seinem Vater als Secundus Magister tätig war, bis ihn
der für die Künste und Wissenschaften außerordentlich aufgeschlossene Kaiser
Karl IV.3) nach Prag holte. Als Nachfolger des dort vier Jahre zuvor verstorbenen
Meisters Matthias von Arras sollte er die uralte St. Veitskirche zum Dom
für das neugeschaffene Erzbistum Böhmen umbauen.

Der Grundriß des bisherigen Gotteshauses stand ganz in der Tradition französischer
Kathedralen. Vorerst hielt sich der neue Werkmeister noch weitgehend
an die Konzeptionen seines Vorgängers. Bald jedoch entstanden im spätgotischen
Stil die Wenzelskapelle, die Hochwände des Chores mit den lichtdurchfluteten
Fenstern, die Chordecke mit dem gemusterten Sterngewölbe nebst den Chorkapellen
.

Manche Teile der alten Portale und Strebepfeiler mit ihren Skulpturen fielen
den Jahrhunderten zum Opfer. Was aber heute noch vorhanden ist an Parler-
plastik, auch an seinen späteren Großbauten, zeigt eine Fülle von Lebensnähe und
Lebensfreude, ganz besonders seine Pflanzen-, Tier- und Menschendarstellungen
an den kräftigen Wasserspeiern, Gewölbebögen, Türstürzen und Konsolen. Immer
wieder verblüffen aufs neue den Beschauer die wilden Männer, Teufel, Katzen,
Drachen, Spinnen nebst Phantasiegestalten durch ihre Ausdruckskraft, — auch im
unscheinbarsten Detail.

Eine stattliche Anzahl von Lehrlingen, Gesellen und werdenden Meistern standen
dem schon lange zum Stadtrat und Kaiserlichen Dombaumeister Aufgerückten
in seiner über die Grenzen Böhmens bekannten Bauhütte zur Verfügung. Eine
Reihe seiner fähigsten Schüler, ihre Namen wurden noch lange in Verbindung
mit der Bezeichnung die Junker von Prag genannt, wuchsen zu begehrten Architekten
und Landbaumeistern heran und verbreiteten den Prager Parierstil auch
in Bayern, Sachsen, Österreich und in Ungarn. Zu ihnen zählten seine Söhne
Wenzel und Johann sowie seine Neffen Heinrich III, Michael und Heinrich IV.
In seinem hohen Alter noch war Peter Parier geschätzt als Berater des Kaiserlichen
Hofes sowie des Erzbischöflichen Bauamtes.

Zu seinen bekanntesten Bauten zählen:

Teile der Prager Burg

die Karlsbrücke mit dem Altstätter Brückenturm

die Moldaubrücke mit der Nepomukstatue

die Stiftskirche der Augustiner-Chorherrn in Karlshof

der Chor der Bartholomäuskirche in Kolin

der Chor der Barbarakirche in Kuttenberg.

Aus den Jahren 1379 bis 1393 stammen die Grabmäler der Przemjsliden 4),
die Büsten weltlicher und geistlicher Persönlichkeiten auf dem Chortriforium des
Domes, darunter auch die des Böhmenkönigs Ottokar I. Das Steinmetzzeichen
der Parier — der gebrochene Winkelhaken — schmückt heute noch das Standbild
des Hl. Wenzel (gest. 929). Der Todestag Peters ist der 13. Juni 1399. Seine
Portraitbüste, neben jenen der weltlichen und geistlichen Fürsten, beweist am
besten die Wertschätzung, die ihm — und auch den damaligen großen Baumeistern
— entgegengebracht wurde.

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