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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
39.1977, Heft 3/4.1977
Seite: 341
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1977-03-04/0135
Freiburg zum Hüttenmeister am Liebfrauenmünster zu Straßburg im Jahre 1383.
Als Schüler seines Vaters in Freiburg und seines Onkels in Prag ging ihm ein
guter Ruf voraus. Für seine keineswegs leichte Aufgabe stand ihm eine Anzahl
interessanter Risse zur Verfügung. Mit seinem ersten dem Rat vorgelegten Entwurf
hatte er ein Glockenhaus über dem Rosengeschoß im Auge. Dieser 4 m hohe
Riß 5 gilt heute noch als eine Meisterleistung baumeisterlicher Zeichenkunst.
Ebenso künstlerisch beachtenswert sind Michaels Angaben für den bildnerischen
Schmuck der vorgesehenen Skulpturen sowie für die Farbtönung der für die Westfassade
wichtigen Zwölf-Apostelreihe samt den darüber sich befindlichen Wimpergen
und Fialen 10).

In verhältnismäßig kurzer Zeit wuchs das neue Glockenhaus mit dem Portalgeschoß
, den Ecktürmen und der Rose zu dem gradlinig umrissenen, aus neun
steilen Rechtecken sich aufbauenden Westwerk zusammen, das mit dem zeitlich
etwas später errichteten 142 m hohen Nordturm der alten Rheinstadt Jahrhunderte
lang zum Wahrzeichen geworden ist. Die spätgotische Bildnerarbeit kam zwar nicht
ganz an die ältere Meißelkunst heran. Die Ausführung blieb etwas derb und
massig. Jedoch mit Abstand betrachtet, bewirken auch die neuen Teile den Drang
nach der Höhe immer eindringlicher und bereiten somit die Auflösung aus dem
Festen ins Ätherdurchwobene vor, welche das von Gerlach geplante Turmpaar
hätte bringen sollen u).

Gleichzeitig erneuerte Meister Michael den durch einen Brand zerstörten alten
Vierungsturm des Münsters zu der achtseitigen, von der Straßburger Bevölkerung
genannten 'Bischofsmütze'. Wie so manche ihrer Teile fielen auch die meisten
Skulpturen der Glockenstube den Begleiterscheinungen der Französischen Revolution
zum Opfer 12).

Von 1399 bis 1419 gestaltete Ulrich Ensinger das Turmoktogon. Johannes
Hültz aus Köln vollendete 1439 den Turmhelm.

VII. Der Spätgotische Barock am Oberrhein

Wie zu Beginn der Spätgotik erregten um die Wende des 15. zum 16. Jahrhunderts
religiöse und politische Probleme in starkem Maße die Zeitgenossen in
allen Lagern. Auch am Oberrhein finden wir ihren Niederschlag im Bereich der
Künste.

An drei Wandflächen des Westwerks am Breisacher Stephansmünster schuf
Martin Schongauer in den Jahren 1523 bis 1526 die Fresken mit dem Weltgericht
in monumentaler Größe und phantasievollster Darstellung. An der Ostwand desselben
Gotteshauses gestaltete der bis heute unbekannt gebliebene Meister HL den
dreiteiligen Hochaltar, eine der besten Schöpfungen oberrheinischer Altarkunst
jener Zeit.

Wie das bereits erwähnte Werk Hans Baidungs im Freiburger Münster und wie
der Hochaltar in der Kirche der Kaiserstuhlgemeinde Niederrotweil wurzelt auch
er noch ganz in der religiösen Welt des Mittelalters. Auch er zeigt im Mittelschrein
die Krönung Mariens durch Gottvater und Gottsohn. Himmlische Ruhe spricht
aus den Zügen ihres Gesichts und aus der Haltung ihrer über der Brust gefalteten
Hände. Aber wie von einem heftigsten Sturmwind aufgewühlt, flattern die Gewänder
sowie das reich gelockte Haar und das üppige Rankenwerk. Das lebhafte
Spiel der Engelsputten, der Wechsel von Licht und Schatten, die vortreffliche
Charakterisierung auch der vier Evangelisten nebst den beiden Kirchenheiligen
und Stadtpatronen auf den Seitenflügeln des Altars — und nicht zuletzt das mit
Tempera bemalte Inkarnat der drei Hauptgestalten lassen die bis ins feinste
durchdachte Komposition des Kunstwerks erkennen. Zusammen mit der meisterhaften
Beherrschung des Materials sowie den künstlerischen Ausdrucksmitteln machen
sie den Breisacher Hochaltar zu einem Kleinod unter den Kunstschöpfungen
am Oberrhein.

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