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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
39.1977, Heft 3/4.1977
Seite: 386
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1977-03-04/0180
Philipp Würger — ein früh vollendeter Dichter
aus dem Kleinen Wiesental

von Ludwig Simon

„Verehrter Philipp Würger! Ihre Gedichte sind so gut, daß ich zunächst gar nicht
recht wußte, wie ich mir alles erklären soll! Ich bin aber herzlich gerne bereit, Sie
einmal in Kühlenbronn aufzusuchen und den Plan mit Ihnen zu besprechen! Heil
Hitler! Burte" Diese Karte ist vom 10. 3. 38 datiert. Wer war dieser Philipp
Würger, dem der Dichter Hermann Burte so schrieb? Ein Landwirt und Holzhauer
, der in Kühlenbronn, einem Nebenort der Gemeinde Wies, am Fuß des
Köhlgartens lebte und arbeitete. Er war damals 30 Jahre alt. Wie sein um ein
Jahr jüngerer Bruder Friedrich war er unverheiratet. Er besorgte die kleine Landwirtschaft
seiner Mutter. Diese hatte sich nach dem Tod des Vaters 1921 mit dessen
Bruder, dem Sattler Ernst Friedrich Würger, wiederverheiratet. Der Mutter
Stolz waren ihre beiden Söhne. Sie waren beide begabt. Friedrich bastelte. Eine
selbstgemachte Geige fand sich unter seinen Hinterlassenschaften. Philipp las und
dichtete in den Feierabendstunden. Seine Gedichte hatten 1938 schon da und dort
Anklang gefunden. Einige waren seit 1934 im Gemeindeblatt der evangelischen
Kirchengemeinde Wies, im „Haimetschi" erschienen, andere in den Markgräfler
Jahrbüchern. Nun hatte Philipp offenbar den Plan, sie einmal drucken zu lassen.
Als 17jähriger hatte er einem Stuttgarter Verlag einige seiner Gedichte vorgelegt.
Der hatte seine Begabung anerkannt, jedoch der schlechten Zeiten wegen einen
Druck abgelehnt. Dann hatte er 1926 ein halbes Jahr lang in der Schopfheimer
Lokalzeitung „Die Heimat" wöchentlich Gedichte veröffentlicht. Das hatte er
aber plötzlich beendet und sich zurückgezogen.

In den zwanziger Jahren seines Lebens hat Philipp Würger, der sich als Tag-
löhner zu bezeichnen pflegte, viel gelesen. Gelegentlich schrieb er wohl auch
etwas und dichtete. Vier „Geschichten der Quellen" beschreiben Schicksale armer
bäuerlicher Menschen im Köhlgartenwiesental, eine trägt Sagen um die Rotenburg
bei Niedertegernau und um die Sausenburg bei Vogelbach im Kandertal
zusammen. Etwa 30 Gedichte besingen die Heimat, die Natur, Berg und Wald.
Oft sind die Gedichte im Rhythmus eines Volksliedes verfaßt. Der Dichter gibt
sogar in seinem Manuskript an „Nach der Weise 'Am Brunnen vor dem Tore' "
etwa beim Holzhauerlied. Am 17. Mai 1936 stellt Philipp Würger seine Arbeiten
einmal zusammen. Bescheiden bemerkt er: „Sie haben zwar keinerlei literarischen
Wert. Aber doch einen gewissen biographischen und politischen". Mit dieser letzten
Bemerkung wollte er sich gegen Anfeindungen abschirmen, die ihn mangelnder
vaterländischer Gesinnung bezichtigten. Seine Gegner verweist er auf Jugendgedichte
, in denen er offenbar im Sinne seines Lehrers Hermann Wüst ganz vaterländisch
und national gedichtet hat.

„Heimat, heilig, hoch und her!
Wo die Tannen süßer blühen —
durch die schwarzen Wälder ziehen
alte Lieder dumpf und schwer. —"

Auch den „Heldentod" hat er als Schüler besungen. So wehrt er sich: „Wer das
gelesen hat, kann sich schon ein Urteil bilden. Nietzsche hat einmal geschrieben:
.Dem Volke fremd und nützlich doch dem Volke, zieh ich des Weges, Sonne bald,
bald Wolke, und immer über diesem Volke'".

Daß der abgeschieden lebende Taglöhner Nietzsche zitiert, erstaunt. Doch
fanden sich unter seinem Nachlaß 35 Bücher. Darunter zahlreiche Werke von
Dichtern. Goethe, Hoffmann von Fallersleben, Lessing, Grillparzer, Rückert,
Lenau, Geibel, Uhland und Kerners Gedichte kannte Philipp Würger. Auch

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