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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
39.1977, Heft 3/4.1977
Seite: 396
(PDF, 36 MB)
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heraus, was sein Herz bewegt. Er grüßt die Seinen — er schreibt stets „Liebe
Angehörige!" — mit der Mahnung, ohne Sorge zu sein und an den 23. Psalm
zu denken, wo es heißt: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er
ermahnt sie auch: „Entweiht mir, wenn jetzt wieder der Sommer kommt, nicht
immer die Sonntage durch eurer Hände Arbeit. Haltet Euch um so fester an
des Heilandes Hand, je dunkler der Weg vor Euch liegt!" Hier strahlt die
Herzensfrömmigkeit der Mutter im Sohne wieder. Und dazu gehört auch die
Hoffnung, die den Frontkämpfer bewegt. „Meine größte Hoffnung", schreibt er,
ist die: „Ich glaube bestimmt, daß einmal der Tag kommen wird, wo die Menschheit
ihre Kanonen zu Pflügen und ihre Schwerter zu Winzermessern umarbeiten
wird, denn mit Gewalt kann doch niemals etwas Dauerhaftes erreicht werden.
Auch werden die Gewaltmenschen niemals eine solche Freude über ihre Arbeit
empfinden als wie die Gemütsmenschen, oder wie es in der Bibel heißt: ,Selig sind
die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdenreich besitzen. Selig sind die Friedfertigen
, denn sie werden Gottes Kinder heißen'. Es grüßt Euch Euer Philipp."

Im Februar 1942 freut er sich auf der Krim, daß erste Anzeichen des Frühlings
zu sehen sind. Die Landschaft dort läßt ihn an daheim denken. In einem Brief
lesen wir: „Die Vögel daheim werden jetzt auch wieder über das Schlimmste herüber
sein. Die Raine und Halden werden aper werden. Ja, ich habe gesehen, daß
Freiligrath recht hat: ,Der Heimat beraubt, lacht nimmer uns das Glück, o gebt
mir mein Dörflein, mein Hüttchen zurück!'" Die schöne Natur, die ihn auf der
Krim umgab, tröstete ihn über die Härte des Krieges vorübergehend hinweg. Er
lebt in Gedanken an seine Heimat, an das Grün ihrer Berge und Täler. Doch auch
das Schwarze Meer tut es ihm an. Das Dorf Aluschta zieht sich vom Meerufer
bergan. Würger besingt es:

„Dort hat sich in mein Herz gesungen
das Meer, wie meiner Heimat Wald.
Ich schwelge in Erinnerungen
hinfort an jenen Aufenthalt.
Aluschta schmückte Gottes Güte
mit höchster Erdenschönheit aus.
Dort war mir immer zu Gemüte
als wie in einem Gotteshaus."

Ein anderes Gedicht ließ Mutter Würger auf die Suchanzeige drucken, die nach
dem Vermißten fahnden sollte. Es war ein Gedicht, das die Krim besang. Die
Denkmale von Puschkin und Tolstoi haben ihn dort interessiert und das Meer
mit seiner Brandung.

„Nie werd ich dort vergessen, die Brandung dumpf und hohl,
die Palmen und Zypressen und nie — Sewastopol."

Vom 12. April 1942 ist der letzte erhaltene Brief datiert. Es war ein Brief
voller Hoffnung. Ja, er kann schreiben: „In Rußland ist es überall schön. Auch
auf der Steppe, wenn ihr der Frühling unter dem Jubel der Heidelerche wieder
ein grünes Kleid anzieht, zu dem die Flüsse die blauen Bänder stiften! Ihr seht,
wie getrost und zuversichtlich ich bin, also seid auch Ihr es!"

Und dann Stack in einem Kuvert noch ein vergilbtes Schulblatt, auf das er
„Frühlingsglaube 1942 P.W." geschrieben hat. Noch einmal schlägt die Sehnsucht
nach der Heimat und die Gewißheit seiner Berufung als mächtige Grundmelodie
seines Schaffens durch.

„Mein Vaterland, mein schönstes Land auf Erden,
ich grüße dich, wir sehn uns noch einmal!"

Das war das letzte.

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