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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 1/2.1978
Seite: 61
(PDF, 40 MB)
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er keinen „Handwerksbrief" gehabt haben könnte, sondern die Herren Diakonc,
welche von Tegerunau aus das Kirchspiel Neuenweg in Entfernung betreuten, geizten
in jener Zeit mit jedem Federstrich. Erst ab 1680, mit dem Aufzug des ersten, in
Neuenweg seßhaften Seelsorgers, wurden die Kirchenbucheinträge etwas lebendiger
, demgemäß schrieb auch Pfarrer Rumpier beim Taufeintrag des Töchterkins
Margarete die Vatersbezeichnung „Stoffel der Krummholz". Dieser Übername
wurde in alter Zeit für die Wagner verwendet, womit jedoch nicht gesagt sein
soll, daß Stoffel auch tatsächlich ein Wagner war. Vom Baustoff Holz scheint er
indessen fasziniert gewesen zu sein, denn eines Tages beschloß er, „mit seinem
und seines Eheweibes Vermögen eine Mahlmühlin zu bauen".

Das gewichtige Wörtlein „Vermögen" sollte jedoch die zahlreichen Nachkommen
des wackeren Mühlenbauers (welche über seine drei Töchter als zig-fache
Urenkel im Landkreis Lörrach das 20. Jhdt. beleben), keinesfalls zu der irreführenden
Annahme verleiten, der Ur-Ur-Opa im Waldland habe mit seiner lieben
Frau „Sterntaler" gespielt oder beim Holzfällen im alemannischen „Chrusewald"
einen Silberschatz aus der legendären „Römerzeit" gefunden, um schließlich als
steinreicher Mann eine großartige Mühle in die Talenge der Kleinen Wiese zu
stellen. Oh, nein! Stoffel, „der Krummholz", war nur ein schlichter Waldbauern-
sohn, welcher das väterliche Hoferbe in Neuenweg seinen beiden Brüdern überließ
und nach altem Recht und Brauch nach der Hofübergabe seinen bescheidenen
Erbanteil ratenweise in „Würfen" über Jahre hinweg an „Georgi" in bar erhielt.
Auch seine Jungfrau Maria erhielt am Hochzeitstag von ihren Ekern die im
Waldland übliche „Ehesteuer", welche wenige hundert Gulden nicht überstieg und
sozusagen als ä conto-Zahlung auf ihren Anspruch an den elterlichen Grund und
Boden später mit den Geschwistern bei den Hofübergabeverhandlungen fein säuberlich
verrechnet wurden. Stoffel hatte mit seiner Maria nur insofern Glück, als
daß der Schwiegervater in Neuenweg bei seiner Hochzeit schon ziemlich betagt
war und wenige Jahre danach den Niefenthaler-Hof in Neuenweg seinen beiden
Söhnen übergab, welche flugs heirateten und mit der „Ehesteuer" ihrer Frauen
das Schwesterherz im Kastel auszahlten. Das System der Alten: „Jedem das Seine",
funktionierte jahrhundertelang prächtig und die Eheleute im Kastel hatten in
jungen Jahren etwas Bargeld. Doch Stoffels Gedankenflug, mit diesem Kapital inj
getreidearmen Waldland eine neue Mühle zu bauen, scheint für jene kriegsunruhige
Zeit ziemlich verwegen gewesen zu sein, denn in den Nachbardörfern Neuenweg,
Langensee, Ried und Tegernau klapperten die Mühlräder bereits, und wenn nicht
alles täuscht, klapperte das Bürchauer Rad im Wasser der Kleinen Wiese in unmittelbarer
Nähe mit.

Diese Gegebenheiten dämpften jedoch keineswegs den Unternehmungsgeist,
Stoffel baute die sogenannte „Kastelmühle", welche auch unter der Bezeichnung
„äußere Mühlin" durch die Akten geistert und in Wirklichkeit eine bescheidene
Gerstenmühle mit einem Rad und einem Mahlgang war. Ob der Erbauer die
Kunst des „Gerstenmachens" verstand, ist fraglich, denn weder im Leben noch
im Tod trug Stoffel den Berufstitel „Müller", seine Maria war zu keiner Zeit „die
Müllerin" und seine Töchter hatten nur einen schlichten StoffeL zum Vater. Die
vorübergehende Anwesenheit des ortsfremden Müllers Andreas Brunner, welcher
in den Jahren 1683—1686 im Kirchenbuch seine familienkundlichen Spuren hinterließ
, vermittelt hingegen den Eindruck, als habe das Ehepaar Leus seine ihm gehörende
Kastelmühle durch einen Dritten betreiben lassen.

Mit den im Westen erneut aufziehenden Kriegswolken verdüsterten sich auch
die gedanklichen Mahlgänge des Mühlenbesitzers und er verkaufte kurzentschlossen
noch zu „Läbzeiten" seine Mühle. Das muß um 1690 gewesen sein. Ein kurzentschlossener
Käufer war ebenfalls vorhanden, es war der 26jährige Jacobus Hotz
von Bürchau, welcher kurz zuvor eine 13 Jahre ältere Bürgerstochter vom Kastel
zum Traualter führte und möglicherweise mit der „Ehesteuer" seiner Frau eine

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