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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 1/2.1978
Seite: 64
(PDF, 40 MB)
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geschidite mit den verzwickten, verzwackten Großvätern vortrug und ihm berichtete
, daß er die Mühle, welche er in gutem Glauben gekauft habe, nun auch
behalten wolle und im übrigen „mit dem Hotz eine Schlange an seinem Busen
gezogen habe".

Mit der nächsten Stafette meldete sich prompt auch die männliche Schlange Hotz
beim durchlauchtigsten Herrn und Gebieter, pochte auf das gute badische Landrecht
und seinen Sieg in der ersten Instanz und machte aus seinem Herzen keine
Mördergrube, als er zum Schluß seiner Episteln bezüglich dem Widersacher den
wahrhaft frommen Wunsch äußerte „. . . und dem Eichy möge doch diese Mühle
verbrennen, wie ihm die vorige auch verbrannt ist". Die emotionellen Gefühlsausbrüche
der beiden streitenden Müller im Kastel fanden bei dem Markgrafen wenig
Gnade, das fürstliche Gericht befaßte sich weder mit dem biblischen Schlangenbraten
noch dem heiligen St. Florian, sondern mit den „brüderlichen Großvätern
der beiden Weiber", verwies diese endgültig aus dem Paradies der erbbevorrechtigten
Blutsverwandtschaft, bestätigte das Urteil der vorhergehenden Instanz, verurteilte
Hans Eichy „in die Kosten" und setzte Jacobus Hotz getreu den Buchstaben
des Gesetzes in den rechtmäßigen „Zug" der Kastelmühle.

Mit dem rechtsgültigen Schlußstrich fiel auch der Vorhang anno 1693 nach dem
ersten Akt und wir wüßten nicht, wie die Geschichte weitergegangen wäre, gäbe
es nicht das Kirchenbuch des Kirchspiels Neuenweg, welches in der Folgezeit von
zwei Müllern berichtet, dem „Jacob Hotzen von der äußeren Mühlin" und dem
„Hans Eichy von der Bürchauer Mühl". Es ist demnach mit Sicherheit anzunehmen,
daß der wütende Hans sich nach dem verlorenen Rechtsstreit nicht resignierend ins
„Chunstloch" verkroch, sondern seinem Widersacher Hotz, „nur etliche hundert
Schritt" von der Kastelmühle entfernt, eine neue Mühle vor die Nase setzte und
„so Bürschli, Dir will i bigott de Meischter zeige", demgemäß das Wasser der
Kleinen Wiese zuerst über seine Mühlräder laufen ließ.

Übrigens heiratete sieben Jahre später der Sohn des Hans Eichy die Tochter
des seligen Stoffel Leus und die geglaubten Blutsbande, welche dem müllernden
Hans drei Jahre seines Lebens und den Besitz der Kastelmühle kosteten, machten
spätestens die sechs Enkelkinder, welche beim Großvater Hans in der Bürchauer
Mühle zur Welt kamen, in der zweiten Generation danach bekräftigend wahr.

Jacobus Hotz indessen, durch Urteilsspruch des Markgrafen in den rechtmäßigen
Besitz der Kastelmühle gesetzt, müllerte etwas mehr als zwanzig Jahre, verlor
zwischenzeitlich seine ältliche „Müllerin", heiratete flugs die 37jährige Stieftochter
der „Niefenthalerin", sonnte sich im Vaterglück, ärgerte sich über die
bachaufwärtsliegende Konkurrenz, sah, wie Gevatter Tod den verflixten Hans
Eichy in die ewigen Gefilde holte, freute sich zu früh und starb selbst vor seinem
50. Geburtstag in seiner heiß umkämpften Kastelmühle. Seine Witwe Verena
heiratete Michel Pflüger von Schopfheim, nahm ihre zwei kleinen Kinder mit in
den neuen Ehestand, und der einzige Sohn aus erster Ehe, welcher beim Tode des
Vaters 24 Jahre alt war, scheint die Kastelmühle unbeweibt noch ein paar Jährchen
bewirtschaftet zu haben, bis sie anno 1720 in Flammen aufging. Der fromme
Wunsch des Vaters aus dem Jahre 1693: „. . . und daß dem Eichy diese Mühle verbrennen
möge. . .", loderte nach 27 Jahren im Holzgebälk mit, nur mit dem feinen
Unterschied, daß der Besitzer nicht „Eichy, sondern „Hotz" hieß und den eigenen
Sohn traf, der übrigens kurz darauf aus nicht ersichtlicher Todesursache mit 31
Jahren unvermählt starb. Der Kampfplatz von einst verwaiste, die Gladiatoren
lagen friedlich auf dem Neuenwegner Gottesacker und wurden hin und wieder
von der alten Niefenthalerin besucht, die alle Streithähne, auch ihren zweiten
Ehemann, überlebte und nicht nur aus nächster Nähe die Kastelmühle in Schutt
und Asche sinken sah, sondern mit der Erfahrung verschied: „S isch alles für d
Chatz gsi".

Die Kastelmühle fiel Jahrzehnte in Dornröschenschlaf, der Mühlenteich ver-

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